Die Chinesen nennen ihr Land Zhongguo ‒ „Reich der Mitte“. Bereits im 15. Jh. sollte eine riesige Schiffsflotte China als Zentrum der Welt verkünden. Anführer und Kommandant der imposanten, weltweit einmaligen Flotte war der Eunuch Zheng-He. Mit ihm wurde China die größte Seefahrernation des Mittelalters. In Europa kaum bekannt, ist Zheng-He in China bis heute ein Nationalheld. Unter der blutig begonnenen Herrschaft von Kaiser Yongle sollte China zur Weltmacht aufsteigen: Kaiserpalast, Himmelstempel und Kaiserkanal gehören zu seinem Vermächtnis als großer Bauherr. 1403 erteilte er den Befehl zum Bau einer Schatzflotte. In 37 Länder, von der Ostküste Chinas bis an die Ostküste Afrikas, führten sieben abenteuerliche Reisen. An Bord der „Giganten des Meeres“ waren neben erlesenen Schätzen wie Seide, Porzellan und Edelsteinen auch bedruckte Stoffe, Metalle und Heilmittel, welche zum Verkauf, Tausch oder als Geschenke gedacht waren. Nachbarländer und fremde Herrscher sollten von Chinas „Glanz“ beeindruckt, aber auch eingeschüchtert werden. So wurde angeboten, sich dem „Reich der Mitte“ zu unterwerfen und gegen Tributgeschenke wurde Schutz gewährt.
Der anschauliche Text gibt Auskunft über die damalige starre gesellschaftliche Ordnung, in der Beamte und Bauern die Oberschicht bildeten und Handwerker angesehener waren als Kaufleute. Oder über den Schiffsbau und die fortschrittliche Ausstattung der Schatzflotten, deren Besatzung durch schwimmende Soja- und Gemüsegärten vor Skorbut bewahrt wurden. In dem sorgfältig und aufwendig gestalteten Sachbuch finden sich neben dem Fließtext gerahmte Zusatzinformationen, ein Literaturverzeichnis, ein ausführliches Glossar. Vor- und Nachsatz machen auf einer Südostasienkarte die Reiserouten nachvollziehbar. Papierqualität und -ton, kunstvolle Tusche- und Aquarellillustrationen, Schwarzweiß- und Farbfotografien verweisen auf ästhetische Elemente chinesischer Schreib- und Zeichentradition und lassen das große Reich mit seinem damaligen Ruhm und historischen Erbe lebendig werden.
Im neu gegründeten Drachenhausverlag erschienen in gleicher Aufmachung bereits zwei weitere Bände. Anliegen ist es, angesichts gegenwärtig zunehmender wirtschaftlicher und politischer Bedeutung Chinas, über kulturelle und historische Wurzeln dieser einstigen Hochkultur zu informieren und sie einem heutigen Chinabild gegenüberzustellen, das von Industrialisierung im Eiltempo, Wolkenkratzern, Ultra-Modernität und rigider Familienpolitik geprägt ist. So können Kinder und Jugendliche Parallelen zwischen Vergangenheit und Gegenwart ziehen und ihre Weltsicht erweitern.
(Der Rote Elefant 31, 2013)