„Brennende, schmerzende Knie. Und brennende, schmerzende Fußknöchel, Ellbogen und Handgelenke“. So beginnt ein typischer Besuch von Herrn S. „S“ wie „Schmerz“. Immer häufiger taucht dieser bei Jojo auf. Jojo ist tapfer, doch Herr S. gewinnt mehr und mehr die Oberhand. Schließlich kann Jojo dessen Tun vor Eltern und Freunden nicht mehr verbergen. Mithilfe der dialogisch gestalteten Auseinandersetzungen zwischen Jojo und Herrn S. verdeutlicht Hazelhoff den inneren Zwiespalt des Jungen, zeigt das Wetteifern von Angst, Wut und Scham mit Tapferkeit und Durchhaltevermögen bezüglich Jojos schwerer rheumatischer Erkrankung. Bei einem Aufenthalt am Meer trifft Jojo die aus Osteuropa stammende Lena, die ihm durch waghalsige Sprünge auffällt. Doch Lena geht bei ihren Sprüngen bis an die Grenze der Selbstverletzung – und über sie hinaus. „Auf der Düne ist man weit weg von allem.“ Weit weg zu sein heißt für Lena: nicht an die drohende Abschiebung (sie und ihre Mutter sind illegal im Land), nicht an den toten Vater denken zu müssen, an die so fernen Verwandten, das frühere Leben.

Die mehrfach preisgekrönte niederländische Autorin erzählt die berührende Geschichte zweier Kinder, die ihr „normales“ Leben verloren haben: Jojo droht von der Krankheit vereinnahmt zu werden, Lena ist traumatisiert, heimatlos, entwurzelt. Beide Kinder sind Schicksalsverwandte und nur als solche in der Lage, einander zu verstehen, zu trösten und Halt zu geben. Hazelhoff erzählt eindrücklich von Verzweiflung, Machtlosigkeit und Einsamkeit, aber auch von Vertrauen, Hoffnung und Hilfsbereitschaft. Vor allem aber erzählt sie von der Kraft der Freundschaft, die es den Kindern ermöglicht, von Gewohntem und Geliebtem Abschied zu nehmen, einen neuen Platz im Leben zu finden, und dieses Leben Stück für Stück zu akzeptieren.

Das vielschichtige Buch hinterfragt sehr grundsätzlich das Miteinander in unserer heutigen

Gesellschaft: Wie gestalten wir unser Zusammenleben? Wie gehen wir mit Krankheit, Angst, Fremdsein um? Was ist Gerechtigkeit? Und: Was ist eigentlich Glück? Am Anfang einer Veranstaltung könnte letztere Frage stehen. Die Glücksvorstellungen der Kinder werden mit denen von Jojo und Lena anhand von Textausschnitten verglichen.

(Der Rote Elefant 28, 2010)