William ist Wissenschaftler und Forscher. Gefundene Artefakte untersuchte er bisher in seinem Labor. Nun darf er endlich auf eine Expedition – und als Erster überhaupt einen Blick hinter die Große Mauer werfen. Eigentlich soll er erkunden, ob dahinter wirklich „Nichts“ ist. Denn dieses „Nichts“ soll erobert werden, seine Gemeinschaft schaut in die Zukunft und will expandieren. Doch William treibt etwas anderes an! Ihn interessiert die Vergangenheit: „Woher kommen wir? Wie entstand unsere Art? Was stand am Ursprung unserer Existenz?“ Ihm zur Seite wird Meriwether gestellt, ein furchtloser Wanderer, den nichts schrecken kann – im Gegensatz zu William, dessen Neugier und Entschlossenheit nicht über eine gewisse Vorsicht und Ängstlichkeit hinwegtäuschen können. Und so machen sich die beiden sehr unterschiedlichen Roboter auf den Weg und entdecken Erstaunliches.
Welch wunderbare Idee, zwei künstliche Lebensformen auf diese Reise zu schicken! Provoziert sie doch die Frage: Was ist Leben? Wann fängt es an, wie hört es auf? In tschechischer Tradition – die Brüder Karel und Josef Čapek „erfanden“ und prägten in den 1920er Jahren den Begriff Roboter – sind der Forscher und der Abenteurer auf der Suche nach ihren Ursprüngen und finden dabei auch sich selbst. In Form eines Forschungstagebuchs werden große zivilisatorische Themen wie auch „zwischenmenschliche“ Beziehungen verhandelt. Taťána Rubášová gelingt es hervorragend, in diesen Eintragungen voll Ernst und Witz den Wandel deutlich zu machen, den insbesondere William durchmacht, sei es im anfangs überheblichen Blick auf Meriwether oder auf sich selbst. Auch die im Angesicht ihrer Entdeckungen aufkeimenden Zweifel ihrer eigenen Gesellschaft gegenüber machen nachdenklich – sind es doch unverkennbar aktuelle, akute Fragen unserer Zeit. Dabei spart Rubášová nicht mit gekonnt unterhaltsamen literarischen, filmhistorischen und zeitgenössischen Anspielungen, wenn William zum Beispiel den entdeckten Fluss „Amazonas“ tauft – nach seinem Lieblingsgeschäft für Technikbedarf – oder wenn die Roboter ihre unterschiedlichen Religionen diskutieren: Ist nun „Doc“ oder „PEDEEF“ die heilige „Informationsquelle“? Oder könnte die Legende von den fliegenden Robotern „Ika & Rus“ tatsächlich wahr sein?
Die in Blau, Grün, Gelb und Schwarz gehaltenen und größtenteils am Computer entstandenen Illustrationen von Jindřich Janíček haben eine nostalgische Anmutung – was zur Suche nach Vergangenem passt und an die Siebdruck-Grafik der 1920er und 30er Jahre erinnert. Auch die kantige Gestaltung der Roboter erinnert eher an die Anfangszeit des Science Fiction-Genres als an moderne, hochentwickelte künstliche Lebensformen. Es ist erstaunlich, wie emotional Janíčeks simpel gestaltete Protagonisten im Zusammenspiel mit dem Text wirken. Mit dem offenen Ende spannen Autorin und Illustrator den Bogen zu Karel Čapeks Theaterstück Werstands Universal Robots: Waren es womöglich die Roboter, die ihre Erschaffer auslöschten? Oder waren die Menschen selbst für ihren Untergang verantwortlich? Die Roboter-Zivilisation scheint diesem Beispiel zu folgen. Ein Buch für SciFi-Fans wie Hobbyphilosophen gleichermaßen.
