Diesmal also Redewendungen! Stefanie Harjes wäre nicht Stefanie Harjes, gelänge ihr nicht erneut ein ästhetisch überzeugendes Spiel mit Sprache und Bild. Sie lädt in diesem Buch dazu ein, anhand von Bildern Redewendungen zu entdecken. Für ihre 12 Erzählbilder ordnet die bekannte Künstlerin 24 Redewendungen zu Paaren, deren Aussagen Gegenteiliges meinen oder mit dem Gegenteil auf der sprachlichen Ebene spielen. Jedes Paar vereint sie in einer doppelseitigen Collage, die vor hintersinnigem Humor sprüht. Gleich auf der ersten Seite empfängt die Künstlerin ihre Betrachter an der Re(h)zeption in Wald und Busch. Dort geben vorlaute Wesen in Rot vom Baum ihren allwissenden Senf (aus Tuben) dazu. Andere halten grinsend ihre Kenntnisse hinter dem Busch geheim. Wenige Seiten weiter verfangen sich Pechvögel in Netzen, und Glücksschweine entkommen mit kühnem Sprung aus Vogelkäfigen. Spätestens, wenn ein schwarzes Schaf in eine weiße Weste schlüpft, während andere dumm aus der Wäsche gucken, erreicht des Betrachters entdeckungsfreudige Suche nach Redewendungen ihren Höhepunkt. Lohn allen lustvollen Mühens stellen am Ende die plaudernden Nonnen im Nähkästchen dar und wenn es nicht immer gelungen ist, die passende Redewendung im Bild zu entdecken, so schweigen im selben Bild andere Nonnen wie ein Grab darüber. Und zur Not gäbe es noch das Inhaltsverzeichnis, das die zwölf Paare ausweist.
Harjes nutzt fertige Stoff- und Papiermuster, Fotografien und Schriftzeichen, verknüpft alte Bilderbuchmotive mit Abbildungen berühmter Kunstwerke und zitiert sich hier und da selbst. Die überaus anregenden Bilder zeugen von der herausragenden Fähigkeit der Künstlerin, Andeutungen oder variierende Interpretationen von Texten in assoziative Bilder umzusetzen. Beim Schwelgen darin kann dem Betrachtenden hier und da schon mal eine eigene Redewendung oder Redensart in den Sinn kommen, aber: Wenn zwei sich streiten, freut sich sicher die Harjes! Vor- und Nachwort erläutern Vorgehensweise der Künstlerin, deuten auf die Mehrdeutigkeit von Redewendungen hin und empfehlen mögliche Ansätze für den Einsatz des Buches mit Kindern. Eigentlich wird jedoch nur eines gebraucht: Zeit zum genauen Betrachten und Beschreiben. Allein eine Wortsammlung, die durch das Benennen des Beobachteten entsteht, ist eine gute Grundlage für eine Geschichte.
(Der Rote Elefant 35, 2017)