Hallo Donald Trump
Illustration: Anne Villeneuve
Aus dem neuseeländischen Englisch von Steffi Kress
30 Seiten
ab 8 Jahren
€ 13,00

Was bringt ein Kind dazu, Briefe an einen Politiker zu schreiben? Ganz klar: ein gemeinsames Interesse. Sam aus Deutschland – und nicht wie die Autorin aus Neuseeland – erfährt aus den Nachrichten, dass der amerikanische Präsident eine Mauer zwischen den USA und Mexiko bauen will: gegen „unerwünschte Personen“. Gute Idee! Sams älterer Bruder, mit dem Sam das Zimmer teilt, ist genau so eine unerwünschte Person, echt nervend! Eine Mauer quer durchs  Zimmer wäre da die Lösung. Doch das Vorhaben verzögert sich, der Rest der Familie ist „not amused“. Sam hält darüber Donald Trump auf dem Laufenden. Zum Glück ist auch in der Schule die geplante Trump‘sche Mauer Thema, wobei auch andere Mauern zur Sprache kommen. Sam leiht entsprechende Bücher aus, z. B. über den Hadrianswall oder die Chinesische Mauer. Überdies fällt beim Abendessen das Stichwort „Berliner Mauer“ und zwar mit dem Tenor, dass es wohl sinnvoller sei, miteinander zu reden und Mauern besser ab- statt aufzubauen. Letztlich entspannt sich die Lage. Der ältere Bruder ist zu Kompromissen bereit und Trump kann (als Ansprechpartner) abtreten.

Die Geschichte entwickelt sich entsprechend den Briefen, die Sam an Donald Trump richtet. Parallel dazu setzen blau-beige aquarellierte Zeichnungen sowohl Sams Nöte mit dem Bruder, Einfälle zum Mauerbau, Schul- und Familiensituationen als auch die Empfangssituationen der Briefe ironisch überhöht ins Bild. Mal ist Mr. Präsident unterwegs, mal in der Badewanne, mal beim Verspeisen eines Hamburgers, hinter dem Rednerpult oder auf dem Golfplatz. Sein Gesicht ist  stets verdeckt, sodass die charakteristische Haartolle zur Identifizierung reichen muss.

Die Bilderbuchmacher umkreisen, egal ob es Kinderalltag oder „große Politik“ betrifft, Themen wie Menschlichkeit und gesunden Menschenverstand. Scheinbar simpel, aber wirkungsvoll, stellen sie die naive Weltsicht eines Kindes, das nur in der Gegenwart lebt und schnelle Frust-Lösungen anstrebt, gegen das Omnipotenzgehabe eines Staatenlenkers, dessen Vorhaben jedem gesunden Menschenverstand widerspricht und menschenverachtend wirkt.

Die historische Tragweite solcher Entscheidungen zeigen die in Text und Bild verhandelten Mauer-Beispiele. Für die Thematik ist unerheblich, ob Donald Trump sich als Präsident halten kann, die illustrierten US-Flaggen jedenfalls hängen schon ziemlich schlaff herunter … Die Erinnerung an Trumps rhetorische und politische Eskapaden wird hoffentlich noch länger vorhalten. Das konkrete Problem des kleinen Sam ist davon unberührt.

Mit Kindern könnte man in der Geschichte einmal innehalten und darüber reden, welche Lösungen außer einem Mauerbau vorstellbar wären.

(Der Rote Elefant 38, 2020)

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