Cover: Sébastien Perez; Benjamin Lacombe, Superhelden – Das Handbuch
Superhelden – Das Handbuch
Aus dem Französischen von Edmund Jacoby
92 Seiten
ab 10 Jahren
€ 19,95

Antike Helden wie Herakles, Perseus & Co begeistern heutige junge Leser und Zuhörer nach wie vor, wurden aber von Superman, X-Men & Co an Popularität längst überholt. Der ewige Kampf Gut gegen Böse steht hoch im Unterhaltungskurs und gesellschaftliche Außenseiter, denn das sind die Superhelden meist, besitzen hohes Identifikationspotenzial. Immer neue Geschichten und komplexere Handlungsbögen um die oft innerlich zerrissenen Helden kommen auf den Markt, so dass der Superhelden-Fan Super-Filter-Kräfte braucht, um die Rosinen aus dem Überangebot herauszupicken. Dabei helfen Perez/Lacombe auf respektvoll-augenzwinkernde Weise, indem Held Phospho das Berufsbild „Superheld“ mit „superbürgerlicher Verantwortlichkeit“ kenntnisreich klärt: persönlich, leserbezogen, historisch.

Neben Tagebucheinträgen, welche Entdeckung und Entwicklung von Phosphos eigenen Superkräften offenbaren, motiviert Phospho den Leser, den Superhelden in sich selbst zu finden: „Hast du das Zeug zum Superhelden?“ oder „Die Klassifikation der Superkräfte“. Zwischen den „Sach“artikeln, welche auch „Die Geschichte des Superoutfits“ herleiten, werden in Prosa-Texten jede Menge Superhelden und -heldinnen(!) näher vorgestellt. Dabei entsteht ein beeindruckender Helden-Kosmos mit vielen Comic- und weltliterarischen Verweisen. So stammt ein Zeitungsausschnitt aus der „Daily Gazette“, die in Supermans Wirkungsstätte Metropolis erscheint, unter einem Pressefoto steht „P. Parker“ (Alter Ego von Spiderman), eines der „Supertiere“ ist ein Kaninchen namens „Neverlate“ (Lewis Carroll), ein anderes der unglaubliche „Mr. Fox“ (Roald Dahl). Der Übermacht US-amerikanischer Superhelden werden interessante asiatische Figuren gegenübergestellt, deren Geschichten und Fähigkeiten z. T. auf mythischen Figuren basieren. So der indische Narasimha oder das japanisch-chinesische Baku-Wesen.

Die Buchgestaltung orientiert sich an der Ästhetik der 1930er/40er Jahre, also den Geburtsjahren des Superhelden-Comics. Zeitungslayouts und Werbung dieser Zeit werden zitiert, plakativ-monochrom-zurückhaltende Farbflächen und Strukturen gekonnt mit fast fotorealistischen, düsteren Porträts und Stadtlandschaften kombiniert. Auf fünf Doppelseiten wird der Betrachter Zeuge eines Kampfes, den Phospho und die „Supermöpse“ Lisbeth und Virgile gegen ein Supermonster ausfechten. Die beiliegende altmodische 3D-Brille ermöglicht nostalgischen 3D-Genuss. Das „Handbuch“ überträgt die Freude am Thema und die Liebe zum Detail der Macher, hält viele Möglichkeiten bereit, auf anspruchsvolle Weise in das Superheldenphänomen einzutauchen oder es als Ausgangspunkt für eine vertiefende Beschäftigung mit den vorgestellten oder ganz anderen Superhelden zu nutzen.

(Der Rote Elefant 34, 2016)