Dieses Bilderbuch ist eine Warnung an alle Vermieter! “Seit Wochen suchen wir ein Haus, wir müssen aus dem alten raus. Das neue sollte nicht zu klein und etwa so beschaffen sein: …“ So beginnt der Achtzehnzeiler über die Wohnungssuche einer achtköpfigen Erdmännchenfamilie. Das Gedicht schuf Gernhardt vor 30 Jahren zu einem Gemälde seiner Frau. Alexandra Junge entwirft nun für den eingängigen Reim 14 doppelseitige Bilder und (ver)schafft dem skurrilen Text neuen Raum. Mal nimmt sie wörtlich – zu „acht Türen zum Schlagen“ stellt sie eine dreiköpfige Erdmännchen-Band auf eine Tür, die der Drummer zum Schlagzeug umfunktioniert. Mal denkt sie um die Ecke – ihr Krake (Oktopus!) rutscht mit Eimer, Mopp, Besen, Kehrblech und Sprühfläschchen über leuchtend gelbe Fliesen, um „acht Ecken zum Spucken“ im Griff zu haben. Aber keine einzige Ecke in Sicht. Schräge Linien und kippende Flächen bestimmen Zimmer und Kammern, Küche und Bad. Höhepunkt ist das Treppenhaus, bevölkert von Legehennen in Aktion, fliehendem Gürteltier, staunendem Schaf, Geländer rutschender Gans, flüstertütenschreiendem oder auf Händen stehendem Erdmänn-chen, Pauke spielender Ente, streitenden Erdmännchenkindern, einer flotten Hut-Trägerin aus der Familie … Jubel, Trubel und Lärm beherrschen die Szene, die der Betrachter aus der Vogelperspektive sieht. (Ist auch besser, weil leiser.) Immer wieder wechselt Junge die Perspektive. Anfang und Ende zoomt sie heran, um Erdmännchen auf die Pfoten zu schauen beim Inserat-Schreiben und Versenden. Dazwischen ist Abstand nötig, um Junges Phantasien vom Hause(n) der Familie folgen zu können. Leuchtende Farben – Pastelltöne herrschen vor – und überraschende Situationen künden vom Vergnügen der Künstlerin beim Erschaffen der Bilder. Ein Bilderbuch-Vergnügen großen Formats!
Ein solches könnte es auch werden, Kindern das Gedicht vorzulesen und gemeinsam ein Haus für die Erdmännchen zu entwerfen, ganz im Jungeschen Sinne. Der eingängige Reim ist auch schnell gelernt und als Familie oder Gruppe mit verteilten Rollen geflüstert, gerufen, gerappt, gesteppt oder getippt (auf einer Schreibmaschine, wie in Junges erstem Bild.)
(Der Rote Elefant 27, 2009)