Für vorliegenden Text hat die Autorin den Peter-Härtling-Preis 2015 erhalten. Also: Es geht nicht nur um eine Geschichte, prämiert wurde „Literatur“. Insbesondere ist es die Sprache der 16-jährigen Ich-Erzählerin Jonna, die den Unterschied zu vielen anderen Büchern macht. So flapsig-flachsig und ernst, so distanziert und emotional, so selbstbewusst und gleichzeitig selbstkritisch, das ist einfach gut gemacht, beinahe wie O-Ton, aber doch eine Schicht darüber, literarisch verdichtet eben.
Die eigentliche Geschichte, angesiedelt in Hamburg, ist auch nicht ohne. Jonnas Eltern sind nicht gerade staatstragende Modellbürger. Die Mutter, so etwas wie eine freischaffende Musikerin, hat gerade mal einen Job in einem Ferienlager ergattert. Der Vater, ein ehemaliger Hausbesetzer, schlägt sich mit einer kleinen Druckerei, in der er nicht vor 10 Uhr morgens auftaucht, mehr schlecht als recht durchs Leben. Dazwischen Jonna, die jede Krise zwischen den Eltern miterlebt und kommentiert und auch noch nicht weiß, was sie mit sich anfangen soll. Dann taucht dieser merkwürdige Typ auf: Leo, ein paar Jahre älter als Jonna, noch ein paar Nummern skurriler. Eine Geschichte hat er nicht oder er will sie nicht preisgeben. Er kommt und geht, ist mal übermütig, mal depressiv. Natürlich verliebt sich Jonna in den Außenseiter, was der Leser schnell bemerkt, noch bevor Jonna es selbst zugibt. Es kommt sogar zu einer Silvester-Reise und einer gemeinsamen Nacht, die aber nur aus Missverständnissen besteht. Danach ist alle Leichtigkeit verloren. Leo zieht sich zurück, versinkt in Sprachlosigkeit und schließlich ist er verschwunden. Taucht auch nicht mehr auf. Jonna denkt sich Abschiedsszenarien aus: ein Anruf von Leos Mutter, eine Nachricht aus einem Krankenhaus, eine Mitteilung von ihrer Freundin Rike, die Leo in Paris gesehen zu haben glaubt. Aber: Nichts. „Besserbesserbesserso.“ Die Eltern haben sich übrigens auch mal wieder – vorläufig – getrennt.
Der Buchtitel ist missverständlich. Es ist die Wiederholung einer Kapitelüberschrift, nach der Nummerierung 2, 2 ½. Und die „Gespenster“ sind Farbrückstände, die beim Siebdruck von einer vorherigen Druckvorlage übrigbleiben. Gespenster aus der Vergangenheit? Die Autorin will keine Auskünfte geben, aber Anstöße, viele Anstöße, über sich selbst nachzudenken.
(Der Rote Elefant 33, 2015)