Roter Elefant Bilderbuchempfehlung
Wir müssen zur Arbeit
Illustration: Pija Lindenbaum
Aus dem Schwedischen von Jana Hemer
40 Seiten
ab 4 Jahren
€ 15,00

Typisch Lindenbaum! Wieder variiert die preisgekrönte Illustratorin das Schiller’sche Motto „Der Mensch ist nur da ganz Mensch, wo er spielt“. Allerdings treibt es die schwedische Künstlerin hier ziemlich auf die Spitze! Ein quengelndes Baby wird im Kinderzimmer allein gelassen, weil Micky, Elin und Ich-Erzählerin Jina – „die mit dem Eisbären auf dem Pulli“ – zur Arbeit müssen!? Nach rücksichtslos-rasanter Fahrt im roten Auto landet das Trio in der eigenen Arztpraxis. Hier warten versehrte Patienten, von denen einer schnellstens operiert werden muss. Doch wohin mit all dem Blut? Ganz einfach! Das kriegen die Wölfe. Die mögen das. Und schon bevölkern drei Unholde – bekannt aus Lindenbaums Franziska-Büchern – den OP-Saal und schlecken Blut aus Eimern. Das geht zu weit! Stimmt: Genug gearbeitet, jetzt wird eingekauft: 10 Packungen Marshmallows (Wie ungesund!) wandern in Rucksäcke und Taschen. Weiter geht’s! Per Bahn und Roller. Die nächtliche Marshmallow-Grillparty unter freiem Himmel lockt eine Hexe an. Diese gilt es in die Flucht zu schlagen. Nach aufreibendem Kampf liegen die Drei erschöpft auf dem Boden des Kinderzimmers, von wo aus sie in ihre fantastischen Abenteuer gestartet waren …

Altersoffen verweist Lindenbaum auf die psychologische Bedeutung fantasievollen Spielens samt Grenzverletzungen als notwendige Selbsterfahrung. Dafür wählt sie provokant das Thema ARBEIT, integriert abgelauschte „erwachsene“ Sätze und überspitzt das Verhalten ihrer Figuren, um bewahrpädagogischen Mahnungen vor kindlichen Ängsten künstlerisch etwas entgegenzusetzen. Dass ihre Figuren verhältnismäßig klein daherkommen, vermittelt deren Potential zum „Wachsen“, das diese mittels Rollenspiel selbstbestimmt vorantreiben.

So ermuntert sie Kinder zu Wagemut und feiert mit ihnen die Lust am Gruseln. Ihren knappen Text, worin selbst Buchstaben kopfstehen, kommentiert, korrigiert oder steigert die Schwedin mit doppelseitigen Bildern voller Schrägen und Disproportionen. Dem schnellen Wechsel der kindlichen Ideen entsprechen die Farbwechsel, so dass jedes Umblättern auch ein neues Farbabenteuer bereithält. Draufsichten auf das Geschehen in Innen- oder Außenräumen ermöglichen Übersicht(en) und zugleich Einsichten: Was für ein Baby wird da eigentlich ins Bett gelegt? Lag das rote Auto nicht eben auf dem Spielteppich? Waren die Plüschtiere im Wartezimmer nicht schon früher zu sehen? Stehen im Hexenwald Stuhl, Staubsauger und Schränkchen aus dem Kinderzimmer? Das vergnügliche Suchspiel wäre bestens geeignet, schon kleinen Kindern Lindenbaums bildkünstlerisches Arbeiten nahe zu bringen.

(Der Rote Elefant 39, 2021)

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