Paul und die Puppen
Illustration: Pija Lindenbaum
Aus dem Schwedischen von Birgitta Kicherer
49 Seiten
ab 9 Jahren
€ 12,90

Mädchen lieben Rosa, Jungen spielen mit Autos. Zwei von vielen Rollenklischees, die leider häufig noch stimmen. Aber glücklicherweise nicht immer!

Davon erzählt Pija Lindenbaum auch in ihrem neusten Buch. Darin stellt sie mit Paul einen Jungen vor, der ein Spitzen-Fußballer ist – schließlich erwartet das sein muskelbepackter und armeehosentragender Vater – aber eben auch gern mit seiner Barbie-Puppe spielt. Diese nimmt er eines Tages heimlich mit in den Kindergarten. Schon tags zuvor hatte Paul wenig Freude an den Kloppereien der Jungen, und das Kampfroboterbauen verschönte er sich mit Goldböppeln. Nun schleicht er sich also zu den Mädchen, um ihnen seine Barbie vorzustellen. Die denken, Paul spinnt, denn eines ist ja wohl klar: Jungs und Puppen, das passt nicht zusammen. Doch nach und nach überzeugen Pauls Spielideen, abgesehen davon, dass Puppen natürlich keine Fischstäbchen zur Welt bringen, sondern Fleischbällchen …

Lindenbaums Bilderbücher sind Plädoyers für die freie Entfaltung des Kindes, für die selbstbestimmte Klärung eigener geschlechtsspezifischer Präferenzen. Ihre Franziska-Bücher, wovon eins direkt zitiert wird, aber auch Else-Marie und die kleinen Papas unterwandern manifeste Rollenbilder. Lindenbaums Kinderhelden sind moderne Figuren, manchmal ziemlich brutal und bereits geprägt von dem, was die Erwachsenen ihnen vorleben. Doch sie sind noch bereit für Neues und Ungewohntes. Diese produktive Neugierde darf von Erwachsenen, egal ob im privaten Umfeld oder in den gesellschaftlichen Bildungs- und Erziehungseinrichtungen, nicht zerstört werden.

Somit hat auch dieses Bilderbuch einen doppelten Adressaten. Neben der Intention, kindliches Selbstbewusstsein zu stärken, appelliert es an Erwachsene, sich selbst und die gesellschaftlich vermittelten Rollen immer wieder und nachdrücklich in Frage zu stellen.

Lindenbaums farbkräftige  Illustrationen haben Witz und ergänzen den offensichtlich an Kindermund orientierten Text hervorragend. Dieser mag beim ersten (Vor)Lesen ungewohnt wirken, dessen kindlicher Duktus jedoch kommt bei kleinen Zuhörern ausgezeichnet an.

Für die Arbeit mit dem Buch bieten sich natürlich Rollenspiele an. Der Klassiker: Mutter, Vater, Kinder! Was tun die Erwachsenen, was spielen Bruder und Schwester? Das gibt eine Menge Gesprächsstoff, den Paul und die Puppen dann um einige Dimensionen erweitern können. Ein abschließendes Fußballspiel in Prinzessinnenröcken könnte der krönende und geschlechterausgleichende Abschluss sein.

(Der Rote Elefant 27, 2009

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