Von Hänflingen, Ole, Nicht, Ganz Anders, aber auch dicken Kindern und so
Illustration: Peter Schössow
40 Seiten
ab 4 Jahren
€ 12,90

Et jibt sone und et jibt solche, denn jibts noch and’re und det sind die schlimmsten, sagt ein Berliner Sprichwort. Bei Peter Schössow sind sone die Hänflinge und solche die dicken Kinder die schlimmsten sind die Hanfen, denn die verhindern, dass sich Hänflinge und dicke Kinder begegnen und Kontakte knüpfen.

Eine weltweit bekannte Situation wird hier als Parabel in Wort und Bild gesetzt: verschiedene Gruppen leben getrennt voneinander, dazwischen eine Macht, die das einander Kennenlernen verhindert. Egal ob diese Mächte oder Vorurteile nationaler, religiöser oder anderer Natur sind bei Schössow sehen sie aus wie gewaltige grau-braune Gestalten mit hohen Hüten. Sie heißen Ole oder auch Nicht oder Ganz Anders. Aber abgesehen von der gesellschaftlichen Dimension dieses kleinen Büchleins, kann man es einfach als Geschichte von zwei Menschen lesen, die sich nie zuvor begegnet sind und sich trotz Widerständen langsam annähern: „Picken rum. Wie die Hühner, wenn sie nicht wissen, was sie tun sollen.“ Selten wurde die manchmal unangenehme bis peinliche Situation des Kennenlernens treffender, witziger und auch bildhafter in Worte gefasst. Überhaupt geben Schössows verknappt formulierte, gezielt ungelenke Sätze mit direkter Du-Ansprache an den Leser vor, nur mal so irgendwas beobachtet zu haben und das eben mal kurz mitzuteilen. Das hat was von Kindermund und kommt vielleicht gerade deshalb ziemlich klug daher.

Sind die Buchseiten anfangs noch mit vielen Figuren bzw. der erdrückenden Größe der Hanfen gefüllt, arbeitet Schössow später mit viel Freiraum, um den Blick auf die Hauptfiguren zu konzentrieren. Für deren Annäherung benutzt neben den dünnen schwarzen Umrisslinien ausschließlich Rottöne. So stehen viel Rot und wenig Schwarz als Gleichnis für die Beziehung zwischen Hänfling und dickem Kind. Wenn die beiden dann das Tier-mit-den-zwei-Rücken machen, wird dem Betrachter ganz warm ums Herz. Und die Hanfen sind inzwischen so geschrumpft, dass sie dieser Geschichte vom glücklichen Finden eines anderen Menschen Nichts anhaben können.

Kinder wissen sehr genau, mit wem sie nicht spielen wollen und warum. Nach einem Gespräch über mögliche Ursachen für diese Abwehr bzw. die Frage, wer ein Interesse haben könnte, das Kennenlernen zu verhindern, böte die Sprache eine Überleitung zum Buch. Ausgehend von dem schönen altmodischen Wort Hänfling wäre zu fragen, wie ein solcher aussieht, um ihn dann zu zeichnen. Verweisen Kinder auf den gleichnamigen Vogel, wäre dessen Statur und der Zusammenhang zur Übertragung auf den Menschen zu klären. Und wenn „Hänfling“ geklärt ist, was könnte dann ein Hanf sein? Aber dann gibt es ja noch Wörter wie Springinsfeld oder Dreikäsehoch … Könnten sich diese verschiedenen Typen vertragen und würden sie Kontakte suchen?

(Der Rote Elefant 28, 2010)