Mutter Nummer Null
Aus dem Niederländischen von Meike Blatnik
140 Seiten
ab 11 Jahren
€ 12,90

„Einzeln betrachtet, sind wir nicht so auffällig. Aber wer uns zusammen sieht, weiß sofort, dass da etwas nicht stimmt.“ So beginnt die Geschichte von Fejzo, genannt Fee. Seine Mutter ist blond und hat blaue Augen, der Vater rötliches Haar und graue Augen, Bing, die Schwester, ist Chinesin und Fejzo selbst hat braunes Haar und „Honig-Augen“. Er und Bing wurden als Baby adoptiert. Von seiner biologischen Mutter weiß Fee nur, dass sie während des Krieges aus Bosnien flüchtete und ihn zur Adoption frei gab. Mehr will Fee auch nicht wissen. Bis er Maud begegnet. Zum ersten Mal hat Fee Schmetterlinge im Bauch. Als Maud Fee fragt, ob er sein Zeichentalent vielleicht von seiner Mutter geerbt habe, sind sie plötzlich da, die offenen Fragen. Wo lebt diese Mutter? Will sie ihn vielleicht zurückhaben? Ist sie eine Malerin, die Frau in der Straßenbahn oder vielleicht sogar obdachlos, wie der merkwürdige Mann im Park? Fee will diese „Mutter Nummer Null“ – unbedingt finden, obwohl völlig klar ist: „Mutter Nummer Eins“ ist seine Adoptivmutter! Fees Plan sorgt für Unruhe. Die Eltern haben Verständnis, aber auch Angst, der Sohn könne enttäuscht werden und Bing ist zornig, weil sie als Findelkind überhaupt keine Chance hat, ihre biologische Mutter zu finden.

Marjolijn Hof, selbst ein Adoptivkind, erzählt Fees Geschichte ohne vordergründige Dramatik. Ihr gelingt eine einfühlsam-präzise Darstellung von Fees Gedanken und innerer Entwicklung. Das „Betroffenheits-Thema“ erhält sogar eine gewisse Leichtigkeit. Fees Suche nach der Mutter wird – vor allem aufgrund des familiären Rückhaltes und der Geborgenheit – nicht zum bestimmenden Lebensinhalt. Auf Fees Suche nach der eigenen Identität spielen das erste Verliebtsein und die Liebe zum Zeichnen eine ebenso wichtige Rolle.

In Zeiten von Scheidungs- und Patchwork-Familien entstehen neue Familienbilder. Der Stammbaum, den Fee zu Beginn der Erzählung in der Schule zeichnet, kann ein Einstieg ins Buch sein. Anhand eigener „Familienbäume“ wird besprochen, wie eine Familie aussehen kann bzw. was eine Familie ausmacht? Ist nur die gemeinsame Herkunft bestimmend oder spielen noch andere Aspekte eine Rolle? Ist es wichtig, zu wissen, woher man kommt?

Und: Wen im eigenen Stammbaum würde man gern mal austauchen? Wünschte sich jemand schon mal eine nettere Schwester, eine nachgiebigere Mutter oder einen sportlicheren Vater?

(Der Rote Elefant 28, 2010)