Jetzt komme ich!
Illustration: Louise Yates
Aus dem Englischen von Leena Flieger
30 Seiten
ab 3 Jahren
€ 12,90

„Manege frei für den wunderbaren Reigen kolossaler Kreaturen und den kleinsten, aber feinsten Neuzugang der Truppe“, so verführt der Rückentext zum Aufschlagen dieses liebevoll-ironischen, manchmal satirischen Bilderbuchs. Mit Recht! Zum literarischen Ort „Zirkus“ passen Superlative. „Kolossal, gigantisch, riesig, wahnsinnig wild“ präsentieren sich die Darsteller Löwe, Bär, Giraffe, Viper bereits im Innendeckel. Und sie suchen per Plakat weitere Superlativverdächtige, aber die Ausschreibung vermerkt eindeutig: „Kleinvieh unerwünscht“. Nun weiß der lesende Betrachter bereits über Titel, Cover und Rückentext, dass die blasse Hauptperson den Sprung in die Manege schaffen wird. Doch nicht das Ob ist hier entscheidend, sondern das Wie. Der schlitzohrige Klein-Bewerber wickelt die gefähr-lichen Giganten durch Offenlegen seines Nicht-Könnens geradezu um Finger und Schwänze. Doch dann kommt der (Zirkus-)Clou: Kleine können verschwinden und … auftauchen … verschwinden … und … Aber wo war der Kleine doch gleich …?

Das Debüt der Engländerin Louise Yates ist ein inhaltlich und graphisch überzeugend gestaltetes Bilderbuch, in dem die Typographie als Teil der Illustrationen fungiert.

Textaussage und Bildinformation funktionieren versetzt bzw. bauen aufeinander auf, so dass nur wiederholtes Hin- und Herblättern Aufklärung bringt. Die Wörter „klein“, „verschwin-den“, „auftauchen“ und „großartig“ zackeln aus dem Schriftbild und signalisieren: Ein neuer Stern geht auf am Zirkushimmel!

Kleinere Kinder werden sich tierisch darüber freuen, wie der kleine Hase die Großen an der Nase herumführt. Erwachsene wiederum werden ihre (sich wiedererkennende?) Freude an den gruppendynamischen Prozessen haben. Wie doch die beinharten Großen dem Kleinen pausenlos behilflich sind! Wie Yates diese Tiere nur über Physiognomie, Körpersprache, Größenverhältnisse und Perspektiven charakterisiert, hat satirische Qualitäten.

Für eine interaktive Buchvorstellung bietet die Unvollständigkeit der Sätze, wie z.B. „Ich bin zu klein, um…“, eine naheliegende Variante. Ausgehend von den Bildinformationen können Kinder verbal oder illustrativ die Leerstelle füllen. Aus genauem Sehen gedankliche Ableitungen zu treffen und diese zu formulieren, ist ein wichtiger intellektueller Akt, gleichermaßen wichtig für ästhetische Bildung und Sprachförderung.

(Der Rote Elefant 27, 2009)