Lena Raubaums erster Lyrikband für Kinder liest sich wie eine kleine Hausapotheke für alle Lebenslagen. Je nach Bedürfnis lassen sich die Texte wie Medikamente entnehmen und haben garantiert keine negativen Nebenwirkungen. Die Gedichte, meist gereimt und rhythmisch klar gegliedert, sind von unterschiedlicher Länge. Manchmal besteht ein Text auch nur aus Mut-Mach-Sätzen, Gut-Tun-Fragen oder zweizeiligen Sinnsprüchen. Wo was entnommen werden kann, verrät bereits das Inhaltsverzeichnis. Da gibt es z. B. die Kapitel „Emotionen & Gefühle“, „Freude, Glück & Dankbarkeit“, „Lustiges & Sprachspielerisches“, „Achtsamkeit & Gespür“ oder „Trauer & Trost“. Entsprechend den Kapitelüberschriften sind Inhalt, Klang und Tonfall geprägt von liebevoller Zuwendung, Verständnis und Humor. So ist z. B. der Aphorismus „Aha-Moment“ („Das Eine begriff ich nach einer Weile: Alles hat seine Vor-und Hinterteile.“) dem Sprachspiel-Kapitel zugeordnet. Dagegen gehört der wirklich wunderbar kurze Text „Nur kurz“ („Hast du einen Augenblick Zeit? Und einen Ohrenlausch? Und ein Hautgefühl? Danke.“) zum Kapitel „Du & Ich“. Mit der Aufforderung „Bitte ausreden lassen“ wird Achtsamkeit geradezu eingefordert, wobei der Text in Anlehnung an visuelle Poesie als Tropfen gestaltet ist.

Die vignettenartigen Illustrationen, die Katja Seifert den Texten zugesellt, „runden“ in Form und mittels blasser Aquarellfarben die Inhalte unaufgeregt ab, wobei sie im Verbund mit Typografie und Satz eine große Ruhe ausstrahlen. Oft nimmt Seifert die Textaussage wörtlich, was zusätzlichen Witz ins Bild bringt, wie z. B. beim „Wetterbericht“, in dem der Himmel Tränen lacht und als Gesicht aus Wolken, Regentropfen und Blättern daherkommt. Assoziativ zum Titel zeigt die Illustration zu „Tage gibt’s “ ein Kind, das den Kopf zwischen die Beine steckt und sich dabei selbst umarmt. So eingerollt, lassen sich auch fiese Tage überstehen!

In diesem Sinne werden sich Menschen ab dem Grundschulalter durch den einen oder anderen Text getröstet, aufgemuntert oder erheitert fühlen. Einige Seiten haben eindeutig Aufforderungscharakter, z. B. die Sammlung von „Sätzen …“ bzw. „Fragen, die guttun können“. Beide können natürlich nach Herzenslust erweitert werden. Weitere „Wortschätze“ wollen gehoben oder „Sprichwörter mal anders“ ausprobiert werden. So sind in dieser Hausapotheke nicht nur Trostpflaster, sondern auch die Kreativität anregende Essenzen zu finden.

(Der Rote Elefant 40, 2022)