Die 13-jährige Anni hat in den letzten sechs Wochen eine Routine entwickelt: Heimlich geht sie jeden Tag vor der Schule Eisbaden im See. An diesem Montagmorgen ist alles anders: Ein Junge taucht am See auf. Eine Woche verbringen sie gemeinsam, lernen sich Tag für Tag besser kennen, nähern sich respektvoll einander an. Anni entwickelt zum ersten Mal Gefühle für einen Jungen. Als sie beim gemeinsamen Gang ins Wasser bemerkt, dass Fred Brüste hat, ist sie verunsichert. Was genau bedeutet das? Anni beginnt über Transidentität zu recherchieren, um Fred zu verstehen. Und Fred findet heraus, warum Anni jeden Morgen ins eiskalte Wasser geht.
Höchst sensibel schreibt Lena Hach in „Fred und ich“ über eine Freundschaft zweier Kinder, die beide (zunächst) etwas voreinander verbergen. Es ist ein Buch über das Erwachsenwerden, über Selbstfindung und Selbstbewusstsein. Dass eine der beiden Hauptfiguren trans* ist, spielt, neben Themen wie der ersten Liebe, der Angst vor dem Tod und pubertären Problemen, eine wichtige Rolle. Annis Online-Recherchen sind auch für die Leser*innen informativ, zum Beispiel, wenn es darum geht, wie schnell Sprache verletzend wirken kann.
Im Laufe der Geschichte erfahren die Leser*innen, dass Annis Onkel im letzten Jahr bei einem Autounfall ums Leben kam. Anni hat seitdem viele Ängste entwickelt, etwa davor, krank zu werden. So erklärt sich auch das allmorgendliche Eisbaden: Sie will ihre Abwehrkräfte stärken. Der See ist zentraler Schauplatz und Bindeglied zwischen den zwei Figuren, das wiederkehrende Motiv des Schwanenpaares voller Symbolkraft. Die beiden Protagonist*innen akzeptieren, vertrauen und ermutigen einander. Durch Fred überwindet Anni ihre Ängste und Fred steht für sich ein.
Das Buch ist nach Wochentagen gegliedert. Gerahmt wird die Geschichte von Prolog und Epilog. Zu Beginn erläutert die Ich-Erzählerin Anni rückblickend, dass diese eine Woche alles verändert, und am Ende, dass Fred ihr Leben positiv beeinflusst hat. Durch die kurzen Kapitel im Präsens und dem poetischen, flüssigen Schreibstil gelingt auch ungeübten Leser*innen der Einstieg in das Buch sehr schnell. Auf nur 94 Seiten gelingt es der Autorin, komplexe Themen verdichtet und doch raumgebend zu gestalten. Ein Buch, welches wärmstens als Schullektüre zu empfehlen ist.