Cover: Alexis Galmot, Die Bäckerei in der Sonntagsgasse
Die Bäckerei in der Sonntagsgasse
Illustration: Till Charlier
Aus dem Französischen von Edmund Jacoby
77 Seiten
ab 9 Jahren
€ 12,95

Jack Talbonis Eltern hatten nichts weiter gelernt, als mit Flöte und Tuba Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ zu musizieren. Da sie ihren Sohn liebten, wuchs er trotz elender Bedingungen als glückliches Kind auf – bis er in der Schule den Sinn der Worte „arm“ und „reich“ begriff. Wenig später als Waise auf sich allein gestellt, hätte er „auf der Straße landen“ und „auf die schiefe Bahn geraten“ können, doch (wie) durch Zauberei wendet sich das Blatt. Zwar lernt er im Vorbereitungskurs zum Bäckerberuf kaum mehr als „nicht zu dunkle Baguettes und Schokoladenwindbeutel“ zu backen, doch gelingt ihm dies besonders gut. Zudem hat er die „Lektion seines Schullehrers“ verinnerlicht: „Wer nicht vorwärts strebt, fällt zurück.“ Jacks schnell verkaufte Backwaren machen erst seinen Lehrmeister, nach Übernahme einer heruntergekommenen Bäckerei auch ihn selbst zum – materiell – reichen Mann, der jedoch ohne Unterlass arbeitet. Völlig erschöpft bringt Jack schließlich wortwörtlich die Uhr zum Stehen und gibt seinem Leben nunmehr eine selbstbestimmte, wunderbare Wendung. In Jacks eigener „Love Story“ ist auch das musikalische Erbe seiner Eltern aufbewahrt.

Dem ersten Kinderbuch des französischen Autors merkt man sein bisheriges Schreiben für Filmkomödien an. Die Adoleszenzgeschichte seines kindlich-erwachsenen Helden verläuft über kurze, als Filmszenen vorstellbare Kapitel.

Vor allem aber erzählt Galmot schlitzohrig ein soziales Märchen, bei dem in nur scheinbar altem Gewand moderne Verhältnisse und Lebensphilosophien auf die Schippe genommen sind. In den Plot eingewobene heutige Gegebenheiten lassen sich an Details in Milieu und Figurenzeichnung (etwa einem roten Sportkabriolett, einer elektronischen Wanduhr, Klassen überspringenden Wunderkindern oder der schönen Lady La Loola mit Silikonbusen) ausmachen.

Modern ist insbesondere auch die – von der Übersetzerin offensichtlich mit Lust ausgefeilte – Sprache: schnörkellos, bildlich, reich an umgangssprachlichen Redewendungen und pointierten Dialogen. Die den gesamten Text durchziehende Ironie dürfte sich Kindern nicht leicht erschließen. Wenn aber Erwachsene mit ihnen gemeinsam lesen und dabei die witzigen, Figurenmimik und -haltungen ebenso stark wie Pariser Flair einfangenden Farbillustrationen und -vignetten Till Charliers anschauen, überträgt sich das Vergnügen bestimmt.

(Der Rote Elefant 34, 2016)