„Wo du auch bist, in Amerika, Lappland oder der Mongolei, du stehst immer auf der Hölle“, macht Luzi(fer) den neuen Mitschülern incl. Ich-Erzähler weis. Der kleine Teufel mit dem flackernden Blick kommt direkt von „unten“ und muss „oben“ eine Lehre absolvieren: Anstiftung zu 1000 Dumm- oder Frechheiten. Als „Kerbholz“ dient Luzis Huf. Zum Einritzen ein Nagel. Die versierte Lehrerin führt den „aus einem warmen Land kommenden“ Luzi in der Klasse ein und verbietet jede Teufelei gegen den Fremden. Sie ahnte nicht, welch „höllischer Handel uns mit Luzi verband“, kommentiert der Ich-Erzähler. Ob Rülpsen, Fluchen, Schmatzen oder Feuerschnippen mit den Fingern, die Freunde arbeiten Luzi begeistert zu. Dann kippt die Situation. Mit Zuwendung hatte Luzi nicht gerechnet. Alle wollen, dass er bleibt, also keine Kerben mehr! Leicht gesagt! Außerdem hat Luzi Heimweh.
Jürg Schubigers doppeldeutige, ironisch-melancholische Geschichte erschien erstmals in dessen Erzählungsband Als die Welt noch jung war (DJLP 1996). Die Teufel-Metapher bietet darin viele (umgangs)sprachliche Anspielungsmöglichkeiten und verhandelt souverän kindlich-neugierigen Umgang mit Anderssein und religiös konnotierten Klischees.
Eva Muggenthaler pinselt ihre Doppelseiten, worin der schwarze Text kompakt integriert ist, meist großflächig mit gut deckendem Rot-Orange-Gelb-Ocker-Braun ein. Immer wieder setzen jedoch weiße Flächen oder Minidetails aufmerksamkeitsbindende Akzente. Inhaltlich nutzt die Künstlerin Text-Vorgaben, fügt aber viele teuflisch-drastische Bildgeschichten hinzu. Aus Golfplatzlöchern qualmt es, die entsprechende Zeitungsüberschrift lautet „Golfdrama“ und die Zeitung selbst wirft der Bote in einen Gulli. Oder: ein (Höllen)Hund bewacht eine Baugrube und ein Feuersalamander namens Luzi trägt einen Radiergummi im Maul. Teufel- und Feuer-Redewendungen nutzt Muggenthaler ebenfalls, aber andere als Schubiger: Ein Bus verunglückt, dicke Rauchschwaden steigen auf, ein „roter Hahn“ kräht. Oder: Ein riesiger, unheimlicher Katzenkopf mit doppelter Luzi als Pupillen könnte auf den Satz „Guckt dir der Teufel aus den Augen?“ anspielen (vgl. Büchner Woyzeck). Oder … oder … Text und Bildgeschichten bieten reichlich Gesprächsstoff in der Literaturvermittlung. Was bedeutet die Redewendung „Bist du des Teufels?“ Ist die Hölle Zeitungsabonnent? Was will der Feuersalamander ausradieren? Was hat es mit den Zahlenpäckchen auf den angekokelten Rechenblättern auf Vor- und Nachsatz auf sich, die auch an Erdteile erinnern? Manche Antworten liefert Schubigers Text, manche nicht.
(Der Rote Elefant 35, 2017)