Der Garten meiner Baba
Illustration: Sydney Smith
Aus dem Englischen übersetzt von Bernadette Ott
40 Seiten
ab 5 Jahren
€ 18,00

„Meine Baba wohnt in einem Hühnerhaus an einer großen Straße…“ erzählt der Junge. Jeden Morgen fährt ihn sein Vater zur Großmutter ins kleine Haus. Jeden Morgen bereitet seine Baba ihm in der Küche das Frühstück zu, dabei summt sie „wie Stechmücken in einer Sommernacht“. Und jeden Morgen bringt die Baba ihren Enkel in die Schule. Wenn es regnet, sammeln der Junge und seine Baba Regenwürmer in einem Marmeladenglas voll Erde, um sie später im Garten freizulassen. Irgendwann zieht die Baba in das Haus des Jungen. Nun bringt er ihr jeden Morgen das Frühstück. Und wenn es regnet, sammelt er die Regenwürmer – allein.  

„Der Garten meiner Baba“ ist eine warmherzige und sehr persönliche Geschichte von Jordan Scott. Im Vorwort, das sich an erwachsene Leser richtet, erzählt er von seiner Großmutter, die in Polen geboren wurde und im Zweiten Weltkrieg Not und Leid erlebte. Auch im intensiven Erzähltext richtet der kanadische Schriftsteller sein Augenmerk auf Erinnerungen und den Wert gemeinsam verbrachter Zeit, auf Themen wie Vergänglichkeit, Verlust, Heimat – und auf eine besondere Enkel-Großmutter-Beziehung. Scotts Sprache ist bildhaft, etwa wenn an der Küste „Hügel wie Walfischbäuche“ aussehen oder die „Frühstücksschüssel so groß wie ein Badeteich“ ist. Zwischen den mit viel Ruhe erzählten einzelnen Szenen gibt es größere Zeitsprünge, die durch drei Auslassungspunkte verdeutlicht werden. So erhält die leise melancholische und minimalistisch erzählte Geschichte doch Dynamik. 

Wenn Illustrator Sydney Smith die morgendliche Autofahrt zur Baba ins Bild setzt, erweitert er den Text um eine eigene Erzählebene, die das innige Verhältnis zwischen Großmutter und Enkel offenbart: Zunächst sieht man das Kind mit einem Blatt in der Hand, dann – auf einer Doppelseite – das darauf gemalte Bild, später, wie der Junge es seiner Großmutter schenkt und noch später, dass es das Krankenzimmer der Baba schmückt. Smiths Pinselstriche sind mal großflächig-kräftig, mal zart und filigran, etwa wenn er Details wie das Lächeln der Baba oder ihre behütenden, faltigen und liebkosenden Hände darstellt. Bildausschnitte, die zwischen Total- und Nahaufnahme wechseln, wirken filmisch.

Die Welt der Großmutter ist in hellen und warmen Farben gehalten, während die Außenwelt vornehmlich dunkel wirkt. Mit dem Spiel von Licht und Schatten gibt Sydney Smith Emotionen wieder und lädt zum Sich-Einfühlen und Entdecken ein. 

Vorbereitend auf die Beschäftigung mit dem Buch könnten Grundschulkinder in einer bildkünstlerischen Werkstatt mit Tusche Bilder von den Großeltern oder anderen Erwachsenen malen, mit denen sie gern Zeit verbringen, die ihnen wichtig sind. Das gemeinsame Gespräch leitet dann zur Geschichte über. Denkbar wäre in diesem Zusammenhang auch eine generationsübergreifende Veranstaltung.