Jefferson
Illustration: Antoine Ronzon
Aus dem Französischen von Edmund Jacoby
224 Seiten
ab 10 Jahren
€ 15,00

Das Buch hat alles, was unterhaltsame Krimis ausmacht: Spannung, unschuldig Verdächtigte, gemeine Schurken, gewitzte Detektive, wobei häufige Cliffhanger am Ende der 17 Kapitel das Lesevergnügen zusätzlich vorantreiben. Ganzseitige Bleistiftillustrationen unterstützen die Vorstellungskraft der Lesenden und könnten, eigenständig präsentiert, zum Vermuten der Geschichte schon vorab dienen.

Handlungsorte sind das Land der Tiere und die von Menschen bewohnte Stadt Domberg. In letztere verschlägt es Jefferson Walden von Waldeck – einen jungen Igel, eitel und sehr belesen – und seinen fidelen Freund Schwein Gilbert als Mitglieder einer Reisegruppe. Eines Morgens sucht Jefferson seinen Lieblingsfriseur auf, nicht ahnend, was ihn erwartet. Friseur Herr Edgar – ein freundlicher Dachs – wurde erstochen. Jefferson soll es gewesen sein! Somit wird Jefferson in einen Mordfall verwickelt, den er am Ende mit Gilbert und Hilfe einiger Menschen sowie 26 mutiger Tiere aufklärt. Herr Edgar war, was sich im Laufe der Ermittlung zeigt, ein Aktivist gegen industrielle Mast, Transport und Tötung. Roxane, Reiseführerin, weiß: „Er war Kopf eines Netzwerkes, das im ganzen Land operiert und aus etwa 800 Personen besteht. Seine Datenbank war drüben bei euch, aus Sicherheitsgründen … Er war unser Anführer, aber eigentlich noch mehr als das … so etwas wie unser Vater“.

Herrn Edgars Porträt mit Schere in der Brust, steckt nun als Warnung in den Domberger Hausbriefkästen. Die Schlachtindustrie-Bosse wollen weitere Aufklärungen im Netz verhindern! Moment mal …, denken krimigeübte Leser*innen, hatte Jefferson nicht vor Schreck der Leiche die Schere aus der Brust gezogen? Das gerechte Ende verdankt sich der Solidarität von Mensch und Tier und deren gemeinschaftlichem Willen, den Auftraggebern bzw. Mördern das Handwerk zu legen.

Ein überschauender Erzähler geleitet durch die turbulente Handlung, die dank humorvollen Tons und witziger Einfälle letztlich als Krimikomödie erscheint, ohne die ernste und klar adressierte Botschaft zu überdecken. Denn was ruft Schwein Gilbert? „Wir fahren zu den Menschen! … bei denen liegt der Hund begraben!“ Um Respekt und Achtung gegenüber allen Lebewesen anzumahnen, nutzt der französische Autor das „fabel“hafte Mittel der Anthropomorphisierung und stellt so Gleichheiten über Unterschiede. „fehlte den thieren der fabel der menschliche beigeschmack, so würden sie albern, fehlte ihnen der thierische, langweilig sein“, formulierte Jacob Grimm 1834 in der Einleitung zu „Reinhart Fuchs“ von Heinrich der Glîchezâre, dem gesellschaftskritischen elsässischen Dichter aus dem 13. Jahrhundert.

(Der Rote Elefant 38, 2020)

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