Albert will lesen
Illustration: Isabelle Arsenault
Aus dem kanadischen Englisch Anna Schaub
40 Seiten
ab 4 Jahren
€ 15,00

Ein Junge möchte lesen. Zu Hause ist es zu laut und so setzt er sich auf die Straße. Ein dort abgestelltes Bild „Sonnenuntergang am Strand“ regt seine Phantasie an. Nach und nach kommen Kinder vorbei, die Albert zum Spielen einladen. Dieser lehnt freundlich-bestimmt ab: Er lese! Obwohl die Kinder Alberts Ansage respektieren, wird ihr Spiel unversehens lauter. Nachdem Albert anfangs Strandbild und Kindergeräusche in seine Lektüre integrieren kann, ist irgendwann der Lärmpegel so hoch, dass Albert „explodiert“. Betroffen ziehen sich die Kinder zurück. Während Albert versucht, zum Lesen zurückzufinden, kommen die Kinder mit viel Getöse zurück. Diesmal haben alle einen Stuhl und ein Buch dabei! Und während sich Albert für seinen Ausbruch entschuldigen will, heißt es von allen Seiten: „Pssst!“

Die Kanadierin Isabelle Arsenault erzählt in Wort und Bild davon, dass Kinder durchaus in der Lage sind, Rücksicht zu nehmen, auch wenn dies nicht ohne Konflikte abgeht. Deutlich wird: Es kann durchaus ein Gewinn sein, Bedürfnisse anderer zu achten und damit selbst neue Erfahrungen zu machen. Gleichzeitig kritisiert die Künstlerin am Beispiel des sensiblen, phantasievollen Albert soziale Verhältnisse, die sich aufgrund von Lärm und Enge hemmend auf die Entwicklung eines Kindes auswirken können. Und nicht zuletzt ist die originell endende Geschichte ein Plädoyer für das Lesen!

Ihre Intentionen vermittelt Arsenault vorrangig über Comic-Bildfolgen, bestehend aus Panels, Sprechblasen und Lautsprache, die nur von wenigen ganzseitigen Illustrationen unterbrochen sind. Die Gefühle der Kinder sind mimisch ausdrucksstark ins Bild gesetzt, wobei sich ein Großteil der Emotionen zusätzlich über die Farbgestaltung auf die Betrachter*innen überträgt. Für letztere nutzte die Künstlerin Tusche, Aquarellfarben und Kreide. Besonders eindrucksvoll erscheint der Moment, wo Albert die Kinder anschreit. Grundsätzlich herrschen kühles Mintgrün und Grau vor, ergänzt von leuchtendem Orange bzw. Weiß und Schwarz. Orange steht für Freundlichkeit, Schwarz für Lärm. Die Handlungssteigerung von „Ruhe mit wenigen Kindern“ bis „ohrenbetäubender Lärm mit vielen Kindern“ zeigt sich lautsprachlich und „schwarz“. Am Ende herrscht wieder „orangefarbene“ Stille.

Vor einer Buchvorstellung könnten Kinder weit auseinandergesetzt werden und einen Text zum stillen Lesen erhalten. Kurz danach ertönen leise Geräusche, die sich zunehmend steigern. Auf dem Lärm-Höhepunkt wird abgebrochen. Gezielte Fragen beziehen sich auf die Geräusche und den Text. Worauf konnten sich die Kinder konzentrieren? Passen Lärm und Lesen zusammen? Damit hat auch Albert ein Problem …

(Der Rote Elefant 38, 2020)