„Anschmiegsam wie eine Katze, stark wie ein Bär, frei wie ein Vogel – der Mensch bringt die Tiere und ihre Eigenschaften und Fähigkeiten gern mit sich in Verbindung“, so beginnt der Autor sein Vorwort. In 5 Kapiteln versammelt die Anthologie eine gelungene Auswahl an Zauber-, Schwank-, Ketten- und ätiologischen Märchen aus aller Welt, in denen Tiere die Handlungsträger sind. Anders als in der Fabel sind diese 30 Tiermärchen nicht belehrend, sondern erklärend, berichtend, vor allem aber: unterhaltend. Im Vorwort beschreibt sich der Herausgeber auch als „neugieriger, offener Leser, der sich auf die Suche nach besonderen Fundstücken macht, die er dann vorsichtig in die Hand nimmt, sie abwägt, da und dort ein wenig Staub entfernt …“. Diese Entdeckerlust und der bedachtsame Umgang mit der Eigenwilligkeit jedes einzelnen Fundstückes teilen sich ungebrochen dem Leser mit. Er wird neben Bekanntem aus der Grimmschen Sammlung vor allem aber entdecken können, welch unterschiedliche Färbung der Humor und die Gewitztheit bei den verschiedenen Völkern annehmen kann. Wohltuend die klare, poetisch dichte Sprache des Erzählers, der sich vor flapsigen Modernismen ebenso zu hüten weiß wie vor Sentimentalitäten. Wenn er „ein wenig Staub entfernt“ hat, dann mit deutlichem Gewinn! Der burleske Stil der Illustrationen gibt dem Ganzen eine eigene Würze: die Tierfiguren, oftmals im Anschnitt ins Bild gebracht, brechen Klischees auf und stützen mit humorvollen Brechungen und ikonografischen Aperçus den heiteren Grundton der Erzählungen.

(Der Rote Elefant 24, 2006)