Zeb. ist die Neue, will fortan Ariane heißen und ist ein Zebra. Eskil möchte einen Witz für Ziva kaufen, Noomi demonstriert mit ihrer Mutter gegen die Abschaffung des Weinens, Maximilian erfährt, dass 2 + 2 neuerdings 5 ist, Annabelle wünscht sich einen Löwen zum Geburtstag, Zivas Familie teilt sich einen Schluckauf, Lev hält einen Vortrag über Bruno, Chris möchte mit Noomi den Kopf tauschen, Ravi und Jayden begegnen einander im Traum, Katinkas Familie fliegt mit Selbstflugtickets in den Urlaub und die ganze Klasse ist am 30. Februar zur Hochzeit ihrer Lehrerin geladen…
11 miteinander verwobene, skurril-phantastische Geschichten gewähren absurd-komische Einblicke in das Leben der Kinder einer Klasse, jeweils erzählt aus der Perspektive eines anderen Kindes. Die Geschichten erinnern an die des Italieners Gianni Rodari (1920 – 1980), der in seiner „Grammatik der Phantasie“ (1973) „phantastische Binome“ empfahl, hier Zebra und Schule, um Phantasie und das Erfinden (aber)witziger Geschichten anzuregen. Bei Samson wird das Weinen per Volksabstimmung abgeschafft und mittels Demonstrationen mit der Forderung „Wir wollen weinen“ demokratisch wieder eingefordert. Doch warum? Und warum ist 2 + 2 plötzlich 5? Passt Max sich aufgrund von Gruppenzwang am Ende der Mathestunde diesem Ergebnis an? Wünscht sich Annabelle nur deshalb einen Löwen, um sich damit ihrer Gazelle (Geburtstagsgeschenk vom Vorjahr) entledigen zu können? In jeder der hintersinnigen Geschichten steckt Diskussionsstoff zu individuell und gesellschaftlich relevanten Themen wie Meinungsbildung, Integration, Toleranz, Konsumverhalten, Identität oder Freundschaft.
Die Textimpulse werden von herrlich überdrehten Karikaturen des Graffitikünstlers Joren Joshua kongenial begleitet, der u. a. riesige Hauswände bemalt (www. jorenjoshua.work/site/). Dessen siebdruckartige, dynamische Bilder leben von starken Kontrasten, etwa zwischen Schwarz-Weiß und knallig-leuchtendem Orange. Überdies dehnen und (ver)biegen sich die Körper der Figuren beim Vom-Stuhl-Fallen oder Tanzen auch schon mal über eine Doppelseite hinweg.
Bildideen sowie Leerstellen und offene Enden der wunderbar „verrückten“ Geschichten fordern den Erfindungsgeist geradezu heraus. Wie könnte z. B. der Witz lauten, den Eskil für Ziva gekauft hat? Oder wie wurde Zivas Mutter den die Familie plagenden Schluckauf los? Und darüber hinaus: Was haben all die gestalteten Klassen-Absurditäten mit dem gesellschaftlichen Großen und Ganzen zu tun?
(Der Rote Elefant 40, 2022)