Der Elch der Ewenken
Illustration: Jiu Er
Aus dem kanadischen Englisch von Nicola T Stuart
64 Seiten
ab 6 Jahren
€ 19,00

Der alte Ewenke Gree Shek lebt mit seinem Nomadenvolk, das von der Rentierzucht lebt, inmitten der Wälder des Großen Hinggan-Gebirges in der Inneren Mongolei in China. Eines Tages erlegt er auf der Jagd versehentlich eine Elchkuh, die entgegen der Jahreszeit schon ein Kalb geboren hat. Vertrauensvoll folgt ihm das mutterlose Jungtier bis in sein Zelt ins Lager der Ewenken. Zwischen dem Jäger und dem Jungtier, das den Namen Xiao Han, kleiner Elch, von ihm bekommt, entwickelt sich eine ungewöhnliche, sechs Jahre dauernde Freundschaft.

Der sich als Naturschriftsteller bezeichnende Autor Gerelchimeg Blackcrane, selbst im Grasland der Inneren Mongolei aufgewachsen, erzählt in seinem ersten Kinderbuch zurückhaltend-überschauend, einfühlsam, aber auch mit leichtem Humor, wie Xiao Han im Rentierlager heranwächst. Durch seine unstillbare Fresslust, Neugier und Tollpatschigkeit stellt er den alten Nomaden immer wieder vor neue Herausforderungen, was auch seiner inzwischen riesenhaften Gestalt geschuldet ist. Aber alles hat seine Zeit. „Während Xiao Han allmählich erwachsen wurde, begann sein Freund Gree Shek alt zu werden.“ Als Gree Shek sich dann noch am Fuß verletzt, muss er eine schwere Entscheidung treffen.

Die chinesische Illustratorin Jiu Er begleitet die Geschichte dieser berührenden Mensch-Tier-Freundschaft mit ausdrucksstarken und detailreichen Bildern. Mit Carbonstift und Wasserfarben gestaltet sie in Graugrün die weiten und tiefen Waldlandschaften, in denen die Ewenken ihr karges Leben führen. Deren traditioneller Lebensweise entsprechen die Illustrationen, die an alte Sepia-Fotografien oder Schwarz-Weiß-Dokumentationen angelehnt sind, wobei diese zwischen Totale und Nahaufnahmen wechseln. Die besondere Beziehung der Protagonisten vermittelt sich in kleinen Szenen, worin z. B. ein „sprechender“ Blick oder eine Geste deutlich hervorgehoben sind.

Das Bilderbuch wird vor allem Kinder ansprechen, die sich mit der Natur und Tieren verbunden fühlen. Überdies macht es neugierig, mehr über das vom Aussterben bedrohte indigene Volk der Rentiernomaden und ihre einzigartige Lebensweise zu erfahren. Da manche Bildsequenzen den Fortgang der Geschichte auch ohne Text wiedergeben, könnten diese innerhalb einer Buchbetrachtung als Erzählanlass genutzt werden.

(Der Rote Elefant 39, 2021)