Cover: Frida Nilsson; Die maskierte Makrone ‒ Auf der Jagd nach dem Feuerteufel
Die maskierte Makrone ‒ Auf der Jagd nach dem Feuerteufel
Illustration: Ulf K.
Aus dem Schwedischen von Friederike Buchinger
171 Seiten
ab 10 Jahren
€ 12,95

Frida Nilsson versteckt gern Menschliches hinter (tierischen) Masken und entlarvt häufig am Beispiel von Außenseiterfiguren (vgl. „Ich, Gorilla und der Affenstern“, DJLP-Liste 2011) die Menschenwürdigkeit einer Gesellschaft.

Schauplatz ihres sozialkritischen Kinder-Krimis ist eine schwedische Kleinstadt, bewohnt von vermenschlichten Tieren. Gewalt, Kriminalität und Korruption sind an der Tagesordnung. Nilssons Rezeptionsstrategie basiert auf zwei Varianten des Genres. Erstens: Leser kennt Täter und verfolgt überlegen-genussvoll die mühevolle Polizeiarbeit; zweitens: Leser und Polizisten fahnden parallel nach Täter. Konkret: Ein dem Leser schnell bekanntes Geldfälscherteam wird nicht gefasst, weil ein bestochener Polizist die (Wiesel)Bande warnt. Dagegen bleiben der Feuerteufel („der Brenner“) und dessen Brandstiftungsmotiv bis zuletzt im Dunkeln.

Nilssons Hauptfigur Harriet steht unschuldig zwischen den Fronten. Die herzensgute Hundedame, Erbin der Konditorei „Schmuddlige Schnecke“, hat wenig Durchblick. Sie findet sich hässlich und weiß, dass sie eine miserable Bäckerin ist, was ihr negatives Selbstbild noch verstärkt. Zufällig beobachtet sie die kriminellen Wiesel, wird daraufhin entführt bzw. erpresst und ist sowohl dem bestechlichen Kommissar als auch dem „Brenner“ gefährlich nahe.

Der z. T. durchblickende Leser leidet mit der kindlich-naiv-tragikomischen Figur. Und da geschieht das Phantastische! Beim Versuch, Croissants herzustellen, gerät Harriet in den Backautomaten. Sie mutiert, ausgestattet mit Croissantflügeln, zur maskierten Superwoman in Brandfällen. Ihr Selbstbild bessert sich, wozu auch ein geplantes Date mit dem heimlich geliebten Hund Sven beiträgt. Am Ende werden Harriet und Leser böse überrascht … Denn: Nilssons leicht lesbare, spannend gebaute Geschichte erzählt von zwei Außenseitern und deren Scheitern, wobei nur Harriet wie Phönix aus der Asche steigt. Wem die Gesellschaft alles nimmt ‒ materielle Existenz und Selbstachtung ‒ der kann zum Täter werden. Gewaltsame Unterdrückung von Menschen, Kulturen und Zivilisationen ist ein „Dauerbrenner“, hier versinnbildlicht im wieder auftauchenden Feuertrank der Azteken, welche diesen vor Jahrtausenden zur Verteidigung gegen die Kolonisatoren brauten. Neben action und crime ist auch letztere Dimension dem Text eingeschrieben. Harriet jedenfalls mutiert noch einmal zur Retterin. Künftig will sie sich kriminell gefährdeten jugendlichen Wieseln widmen. Als Einstieg könnten Abbildungen von phantastischen Rettern dienen: Super-, Bat- und Spiderman, Spiderwoman, Lara Croft u. a., darunter eine Harriet-Illustration mit Croissantflügeln. Wie passt Harriet in diese Welt-Retter-Reihe?

(Der Rote Elefant 31, 2013)