Millionen
Aus dem Englischen von Salah Naoura
254 Seiten
ab 11 Jahren
€ 14,40

„Wenn mein Bruder Anthony diese Geschichte erzählen würde, hätte er mit dem Geld angefangen …“ Aber nicht der 15-jährige Anthony, sondern der 10-jährige Damian erzählt die Geschichte. Schließlich fielen ihm die zwei Millionen Pfund direkt vor die Füße. Damian erzählt nicht davon, was er mit dem Geld gemacht hat, sondern was Geld mit Menschen macht. Moralisch gesehen gehört das Geld niemandem. Es sollte wegen der bevorstehenden Euro-Umstellung in den Schredder. Angesichts des Elends in der Welt findet der sensible Damian diese Verschwendung ungeheuerlich. Damit fühlt er sich im Einklang mit seinen verehrten Heiligen, z.B. Franz von Assisi, dem Schutzheiligen für Diebstähle. Wie moderne Robin Hoods versuchen nun Damian und Anthony das Geld gerecht unter den Leuten zu verteilen. Dabei tappt Damian von einer Falle in die nächste, löst reichlich kriminelle Energien und absurde Kettenreaktionen aus.

Die naive Handlungs- und Erzählweise Damians birgt viel hintergründige Komik, ja Tragikomik in sich. Jeder kann sich selbst wiedererkennen, denn „Gutmenschen“ kommen nicht vor. Alle Figuren schaffen trotz anders lautender Ansagen Geld auf die Seite.

Obwohl das Buch mit seiner Spannung, seinem Witz und seinen anrührenden Familienszenen stark emotional wirkt, ist es auch ein politisches Buch. Es schwingen Fragen mit wie: Was bedeutet Geld? Was haben Glück und Reichtum miteinander zu tun? Ist die weltweit ungerechte Verteilung von Gütern unumkehrbar?

Doch zurück zum Eingangszitat. Logisch: Bruder Anthony hätte anders erzählt. Er ist Immobilienfan. Was wäre also, wenn jemand anders das Geld gefunden hätte? Dieser Ansatz wäre für eine kreative Aktion sicher reizvoll. Da der Autor die Story in einem Land ansiedelt, wo es keine Euroumstellung gegeben hat, sind den Geldfantasien keine Grenzen gesetzt. Für Computerfreaks dagegen wäre Anthonys mühevolle Internet-Recherche zur Klärung der Herkunft des Geldes ein interessanter Einstieg. Bei Computerausstattung der Schule ließen sich spannende Netzwerke zwischen Literatur- und Informatikunterricht herstellen. Im Text beschriebene „Links“ könnten in Arbeitsgruppen realisiert werden. Momentan wird das bemerkenswerte Debüt des Liverpooler Autors verfilmt.

(Der Rote Elefant 23, 2005)