Charles Darwin und die Reise auf der HMS Beagle
Illustration: Jérémie Royer
Aus dem Französischen von Anja Kootz
172 Seiten
ab 12 Jahren
€ 28,00

In einer Rahmenhandlung, angesiedelt 1858 in England, berichtet Charles Darwin seinen Kindern von seiner Weltreise mit „Her Majesty’s Ship ,Beagle‘“ zwischen Dezember 1831 und Oktober 1836. Darin eingefügt sind fünf Episoden besagter Reise.

Der eigentliche Auftrag der Expedition war, die Küsten Südamerikas zu kartographieren. Aber der junge Darwin, geb. 1809, ursprünglich nur als  Gesprächspartner für Kapitän Fitzroy auf der für zwei Jahre geplanten Reise gedacht, ist so überwältigt von der fremdartigen Natur und so voller Neugierde, dass er anfängt zu sammeln: zunächst Käfer und Muscheln, später notiert er seine Beobachtungen an Pflanzen, Fischen und Säugetieren und auch an Menschen. Ihn entsetzt, wie die Kolonialherren in Brasilien ihre Sklaven behandeln, und er versucht, das Leben der „Wilden“, vor allem der Feuerland-„Indianer“, zu verstehen. Die Fahrt der Beagle verzögert sich mehrfach wegen schlechten Wetters, nötiger Reparaturen oder zusätzlicher Forschungen. Doch schließlich ist Kap Hoorn umrundet und das Schiff nähert sich einem Reisehöhepunkt, den Galapagos-Inseln. Hier macht Darwin seine berühmte Entdeckung an verschiedenen Finkenarten, ein Grundstein für seine „Entwicklung der Arten“. Da diese Evolutionstheorie der biblischen Schöpfungsgeschichte widersprach, galt sie als Blasphemie.

Die farbintensiven, eindrucksvollen Bilder von stürmischer See und phantastischen Landschaften machen nicht nur eine abenteuerliche Reise nacherlebbar, sondern zeichnen auch einen wissenschaftlichen Erkenntnisweg nach, der das Bild von der Welt, ihrer Geschichte und ihren Entwicklungsgesetzen grundlegend  veränderte. Überdies werden Leser- und Betrachter*innen dazu angeregt, über vergangene Formen des Lebens auf der Erde, „die in der Nacht der Zeit verloren sind“, nachzudenken. Die Graphic Novel bietet ein breites Spektrum gestalterischer Möglichkeiten des Comics: wechselnde Bildformate (Doppelseiten, ganz- oder halbseitige Ansichten, Panels), Überlappungen, filmisch wechselnde Perspektiven zwischen Nah, Halbnah und Fern, Sprechblasen, „Peng-Sprache“. Ein flüssiges Lesen wird anfangs durch die winzigen Sprechblasenbuchstaben erschwert, wobei Handlungsdynamik und die Erzählkraft der Bilder sofort überzeugen. Um Darwins Auffassung, dass es keine Rassenunterschiede, wohl aber eine Überlegenheit der westlichen Zivilisation gäbe, zeitbedingt verständlich zu machen, ist das Nachwort unbedingt notwendig. Um jedoch seine Neugier als Quelle aller Erkenntnis einzuführen, könnte vor einer Bucheinführung erfragt werden, was den Zuhörer*innen wichtig wäre, zu sammeln oder aufzubewahren und warum.

(Der Rote Elefant 38, 2020)