Jon darf mit auf den Berg, den großen. Dafür muss man „früh los“, erklärt Opa, und frühzeitig ins Bett. Als sie am Morgen starten, ist in der Ferne der hohe Berg mit dem Gipfelkreuz zu sehen. Der Weg ist steinig und erscheint endlos. Doch unterwegs gibt es für das Kind einiges zu entdecken: eine Waldmaus, die unter eine Wurzel huscht, einen kleinen See, der zum „Steine hüpfen“ einlädt. Opa, der die Maus verpasst hat, sich aber mit Steinen gut auskennt, bestätigt: „Pausen sind gut, ohne Pausen geht’s nicht vorwärts.“ Nach der dritten Pause – der Berg scheint näher gerückt, aber immer noch weit entfernt – kehren sie um; Jon war müde geworden. Abends schauen sie Fotos an, die an Opas Bergbesteigung vor 50 Jahren erinnern. Während Jon verspricht, es beim nächsten Mal zu schaffen, ist Opa schon eingeschlafen.

Die in kurzen Sätzen und einfachen Worten erzählte Opa-Enkel-Geschichte berührt ob ihres ruhigen, warmen Tonfalls. Darin eingebettet sind viele Dialoge, in denen der Autor beide Perspektiven genau trifft, die des munteren, teils quirligen Enkels und die des liebevollen, erfahrenen Opas. Seine Protagonisten verbindet ein gemeinsamer Plan – und bei beiden reichen die Kräfte zur Verwirklichung nicht aus. Diese zwischen den Zeilen vermittelte Botschaft lässt Fehr ebenso unausgesprochen wie sich daran anknüpfende Nachdenk- und Gesprächsimpulse auslösende Fragestellungen: Wird es Jon und Opa noch gelingen, zusammen den Gipfel zu erklimmen? Oder schafft es vielleicht nur einer der beiden?

Fehrs textimmanente Anregungen vermag Bräuning so vergnüglich zu vertiefen, dass auch bei kindlichen (Mit-)Leser*innen keinerlei Enttäuschung über den abgebrochenen Ausflug aufkommt und Verständnis für die verschiedenen Lebensphasen aufkeimt.

Gekonnt wechselt die Illustratorin zwischen Figurenperspektiven, Frontalansichten auf die Landschaft und Nahaufnahmen von Räumen. Die ausdrucksstarken Gesichter der Figuren spiegeln fröhlich-herzerwärmend Altersunterschiede, Charaktermerkmale und Gemütslagen wider.

Über den großformatigen Einband und jede Doppelseite erstrecken sich meist in Gelb-Braun und Blau-Grau gehaltene Illustrationen, eine Kombination aus Aquarellen und Buntstiftzeichnungen. Innerhalb der gedeckten Farbigkeit fallen einzelne Accessoires in Leuchtfarben auf, etwa Opas rote Weste oder Jons blauer Pullover, sodass die Protagonisten stets im Fokus sind.

Leicht ließen sich mittels einzelner Illustrationen Wesenszüge von Opa und Enkel ausmachen und anhand aller Bilder ihr Ausflug frei assoziieren. (Vor-)Lesen folgt!

(Der Rote Elefant 39, 2021)