Kalt und einsam droht der Winter im hohen Norden zu werden. Doch da ist ja noch die viel versprechende Annonce, die der Ziege „warme Ohren“ bereitet: eine Postbotin wird gesucht. Im Postamt Afrika-Mitte. Kurzentschlossen bewirbt sich die Ziege und findet sich postwendend in den Weiten der afrikanischen Savanne wieder: in blauer Uniform, mit einer Tasche voller Karten, Briefe, Zeitungen und Päckchen – und einem Eilbrief für den Elefanten. Wie der Elefant aussieht, weiß Ziege zwar nicht, doch beherzt macht sie sich auf den Weg. „Dann sah sie den Elefanten. Er rannte um einen Baum und ab und zu donnerte er mit Karacho sein Horn gegen den Stamm.“ Sein Horn? Schnell klärt sich der Irrtum. Auch gut, schließlich hat sie dem Nashorn eine Zeitschrift zu überbringen. Zudem wird dieses doch den Weg zum Elefanten kennen, oder? Das amüsante Spiel mit der fehlenden Artenkenntnis wird fortgesetzt und Ziege begegnet erst Löwe, Zebra, Schlange, Gnu und Krokodil, bis sie letztlich auf den „richtigen“ Elefanten stößt. Mit fast – wie nebenbei – geleerter Posttasche kann Ziege endlich den Eilbrief übergeben. Dass dieser eine Nachricht enthält, die ihren Feierabend versüßen wird, ist zugleich der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.
Naivität und Unbedarftheit der Ziege finden ihren Ausgleich in Neugier, Mut, Selbstvertrauen und einem großen Maß an Zuversicht. So ausgerüstet kann man sich einer neuen,
unbekannten Situation stellen und diese meistern. Und manchmal hilft eben auch der Zufall.
Constanze Spenglers Bilderbucherstling überzeugt das Zusammenwirken von Text und Bild, wobei die teils ironisch-schaurig, teils warmherzig-liebevollen Illustrationen häufig über das im Text Gesagte hinausgehen. Nur durch sie erfahren wir hintergründige und witzige Details und stehen verblüfft vor Fragen wie: Auf welche Art und Weise benutzt eine Schlange Handfeger und Kehrblech? Oder: Wie sieht das Zebra wohl im Tiger-T-Shirt aus? Pastellfarben unterlegten Seiten, die neben dem Text comicartige, oft kommentierende Einzelheiten enthalten, stehen ganzseitige, stimmungsvolle Tuschebilder gegenüber, auf denen leuchtendes Gelb, Orange und Grün dominieren – das Spiel von Licht und Schatten in der Savanne zeigend. Zusammen ergeben die Seiten eine Bildfolge: bei jeder Ziegen-Station ist der vorherige Ort im Hintergrund zu erkennen – Entfernungen und Wegrichtung werden so nachvollziehbar. Können die Kinder den Weg der Ziege ausschließlich anhand dieses „roten Fadens“ konstruieren? Kopien der ganzseitigen Illustrationen werden auf eine Wäscheleine gehängt und nach genauer Betrachtung sortiert.
(Der Rote Elefant 27, 2009)