„Alle meine Entchen …“ kennt jedes Kind, was aber sind seine Entlein? Gehören Entlein und Fuchs auf dem Cover zusammen? Sind die Entlein frei oder sind sie entflogen? Schon in der Covergestaltung beziehen sich Formen (spitzer Vogelzug, spitze Fuchsohren) und (Grund-)Farben aufeinander, streben Linien voneinander weg und aufeinander zu, deuten sich durch Annäherungen und Entfernungen an. Auf der Vorderseite scheint der (Entlein-)Vogelzug gerade von der Erde ab gestartet zu sein, klappt man den Deckel auf, geht der Erdboden in den Fuchskörper über. Alle diese visuellen Angebote spielen bereits auf Kommendes in Text und Bild an, machen neugierig.

Das Grundmotiv ist bekannt, Fuchs will Ente fressen, aber sie entkommt. Zurück bleibt ein Ei. Nun soll dieses den Hunger stillen … Aber jetzt kommt alles anders: Plötzlich schlüpft das Küken. Es wächst heran, findet eine Ente, der Fuchs wird Schwiegervater, Großvater, stirbt inmitten seiner vielen, vielen flaumweichen (Enkel-)Entlein. Erzählt wird von einer außergewöhnlich-alltäglichen Vater-Sohn-Beziehung. Außergewöhnlich, weil der alleinerziehende Konrad ein Fuchs und Sohn Lorenz ein Enterich ist. Alltäglich, weil diese Kleinfamilie alle Aufs und Abs zeigt, welche Aufzucht, Erziehung und notwendiges Loslassen geliebter Kinder mit sich bringt. Erzählt wird jedoch auch von zwei Seelen, die ach in einer Fuchsbrust schlagen.

Was das Buch unverwechselbar macht, sind die Illustrationen. Julia Friese erzählt bemerkenswerte – das Thema berührende – witzig-ironische, dramatische oder elegische Nebengeschichten. Für das Versinnbildlichen von Ereignissen oder Emotionen wählt sie jeweils andere Ausdrucksmittel.

Sie reißt, schneidet, klebt und collagiert (z.B. auf Packpapier), skizziert mit Kohle oder tuscht knallig farbig, strichelt und übermalt, arrangiert Bilder als Familienalbum oder filmische Abläufe wie ein Daumenkino, schneidet Figuren an und ab, karikiert, konterkariert … Die Fülle der illustrativen Möglichkeiten scheint zu signalisieren: „Es kann alles auch ganz anders gemacht werden.“ Dieses offene Angebot wurzelt im Erzählten. Es meint das unerschöpfliche Thema „menschliche Beziehungen“ ebenso wie die Bandbreite, ein Bilderbuch zu machen. Sowohl die philosophische Ebene der Geschichte als auch die künstlerischen Techniken bieten für die Arbeit mit Kindern reichlich Anknüpfungspunkte: erzählerisch, bildnerisch, pantomimisch. Oben beschriebenes Cover und die ersten drei Seiten sind eine Fundgrube für diskursive, visuelle und erzählerische Einstiege.

(Der Rote Elefant 26, 2008)

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