Ein neues Mädchen kommt in Josies Klasse: Die Kurdin Nadima trägt Kopftuch und spricht kaum Englisch. Doch Josie spürt Nadimas selbstbewusstes Wesen, fühlt sich zu ihr hingezogen und bietet ihr den Platz neben sich an. Die Verständigung fällt schwer, aber die Mädchen teilen sich in der Pause Josies Schokolade und Nadimas Lokum. In der Herstellung von Süßigkeiten sind Nadima und ihre Familie Experten, da sie in Syrien ein Süßwarengeschäft besaßen. Jetzt haben sie alles verloren und müssen sich in England neu zurechtfinden. Josie, immer auf der Suche nach neuen Geschäftsideen, um möglichst bald reich und berühmt zu werden, schlägt vor, das köstliche Lokum in der Schule zu verkaufen. Doch die anderen Kinder wollen es nicht einmal probieren und die Schulleiterin lässt beide nachsitzen, was ihre Freundschaft erstmals in Gefahr bringt. Beim Wohltätigkeitsbasar der Schule versuchen die Mädchen erneut (und diesmal erlaubt), die fremdartige Süßigkeit an ihre Mitschüler*innen zu bringen: Sie umhüllen das Lokum mit Schokolade, überlisten somit die anderen und nehmen eine Menge Geld ein. Der große Coup, den Josie außerdem heimlich geplant hat, geht aber fürchterlich schief und Nadima fühlt sich und ihre Familie bloßgestellt.
Die Autorin bedient sich eines schnellen und unterhaltsam-humorvollen Stils, zahlreicher Dialoge und kurzer Kapitel, was besonders für leseungeübte Kinder einen Zugang zum Thema Fremdheit, Anderssein, Flucht und Integration bietet. Erzählt wird die Geschichte einer sich anbahnenden Freundschaft jedoch ausschließlich aus der Perspektive der forschen, „grässlich legasthenischen“, witzig-ironischen Josie, für die Nadimas Probleme und Konflikte etwas völlig Unbekanntes sind. Josies so ganz andere Lebenswelt besteht aus Familien- und Schulalltag, Ärger mit Brüdern und Lehrerinnen sowie Freundinnen-/Nichtfreundinnen-Problemen. Und so entwickelt sie in Rekordgeschwindigkeit gute Ideen und Strategien zum Lösen von Problemen, ist aber nicht immer mit dem nötigen Feingefühl und der Fähigkeit, sich in andere hineinzudenken und mögliche Folgen abzusehen, ausgestattet. Nadimas Belastung enthüllt sich Josie erst nach und nach. Gerade diese Rezeptionsstrategie der Autorin führt jedoch dazu, dass sich Leser*innen mit gleicher Unkenntnis in Josie spiegeln können. Mit der Rettung der Freundschaft macht Nadima einen Schritt in die Normalität und Josie lernt, auch mal die Perspektive zu wechseln.
Für einen Einstieg böten sich Süßigkeiten verschiedener Länder an. Welche schmecken wem? Aus welchen Ländern könnten sie stammen? Die Szene, worin Josie und Nadima Süßigkeiten tauschen, führte direkt ins Buch bzw. zur beginnenden Freundschaft.
(Der Rote Elefant 37, 2019)