„Wenn du minus 20 Grad nicht aushältst, dann pack deine Koffer und verschwinde an einen wärmeren Ort. Kauf dir da, wenn du es nicht lassen kannst, ein Eis. Aber schlag dir die wahre Kälte aus dem Kopf.“
Wer ob dieser Warnung nicht mit der Wimper zuckt, ist bereit für die Begegnung mit 23 Tierarten, die in den eisigen Temperaturen der Polargebiete leben. Neben Walross, Wolf und Kaiserpinguin bewegen sich auch Tiere wie Koloss-Kalmar, Seeleopard und Lemming in Schnee und Eis. Sie alle sind – jedes auf seine Weise – entsprechend ausgestattet: der Moschusochse mit besonders warmem Fell, der Narwal mit der Fähigkeit, seine Blutzirkulation zu steuern, und dem Seehecht fließt ein „Frostschutzmittel“ durch die Adern.
Bibi Dumon Tak legt nach „Kuckuck, Krake, Kakerlake“ (RE 28, S. 24) wiederum ein informatives, spannend-unterhaltsames Sachbuch vor. Jedem Tier ist ein vier- bis sechsseitiges Kapitel gewidmet, in dem es mit fundiertem Fachwissen lebendig und anschaulich porträtiert wird. Dumon Taks Beschreibungen sind erfüllt von bewunderndem Staunen über die faszinierenden Eigenschaften und Verhaltensweisen der Tiere. Immer spielt das Verhältnis von Mensch und Tier eine Rolle, erzählt sie – mal augenzwinkernd, mal ernsthaft-nachdenklich – von außergewöhnlichen Begegnungen zwischen beiden. In ihrem Loblied auf Krill (sehr anpassungsfähige garnelenartige Kleinkrebse) als „Treibstoff des Meeres“ fordert sie sprachliche Gerechtigkeit in Form eines Singulars für die Tiere, die bisher nur durch einen Plural bezeichnet sind. Mancher Vergleich überzeugt nicht (Eisbär = „Rolls Royce unter den Polartieren“), ab und an ist der Erzählton übertrieben locker-cool (Wölfe = „Super-Mega-Ururur-Großeltern unseres Hundes“). Doch überwiegend gelingt es Dumon Tak auf poetische und humorvolle Weise eine besondere Nähe zu den Tieren zu schaffen. Neben Informationen zu Nord- und Südpol, finden sich im Anhang Zusatzinformationen, z. B. zu einzelnen Forschungsprojekten. Die naturalistischen Illustrationen van der Lindens spiegeln Licht, Dunkel, Sturm und Eiseskälte wider; es überwiegen Blau- und Grautöne. „Wenn es am Nordpol hell ist, ist es am Südpol dunkel.“ Vor- und Nachsatz sind entsprechend gestaltet, halten das Buch zusammen, wie Arktis und Antarktis die Welt.
Als Einführung liegen ein Umriss der Arktis und einer der Antarktis im Kreis. Jedes Kind zieht ein Tiernamen, der im Buch vorkommt. Wo lebt dieses Tier? Arktis oder Antarktis oder in beiden Regionen? Die Kinder diskutieren und ordnen zu. Da einige Tiere relativ unbekannt sind, fällt diese Aufgabe schwer und muss in Forscherteams gelöst werden. Dazu dienen Illustrationen und Texte, die einander zugeordnet werden, auch der Einsatz des Hörbuches ist empfehlenswert.
(Der Rote Elefant 30, 2012)