Das Gegenteil von Sorgen
Aus dem Niederländischen von Bettina Bach
286 Seiten
ab 12 Jahren
€ 14,80

„Am Ende von Schlammbams Sahara stand ein Haus. Das Haus Neun offene Arme. Früher hatte es einen anderen Namen. Früher hatte es andere Bewohner.“

Der niederländische Autor siedelt seinen atmosphärisch und stilistisch originellen Text in den 30er Jahren des 20. Jh. im Limburgischen an. Erzählt wird von einer Großfamilie, die in einfachen Verhältnissen lebt. Aus der Ich-Perspektive von Fing gewinnt der Leser vor allem Einblick in den Alltag der weiblichen Mitglieder, eingeschlossen deren Rollenverständnis. Seit dem Tod der Mutter mit dem Lumpenherzen zieht die Familie von einer Behausung zur nächsten: Vater, der sich glücklos in verschiedenen Berufen versucht hat, Großmutter mit dem Eulenauge, die mit Strenge den Haushalt führt, und sieben Kinder – vier Jungen und drei Mädchen. Alle suchen „Das Gegenteil von Sorgen“. Höhepunkt im Leben der Mädchen Ness, Müllche und Fing sind die seltenen Stunden, in denen Großmutter das „Krokodil“, einen alten Koffer mit Familienfotos, hervorholt und Geschichten vom Großvater und der Mutter erzählt. Beim Einzug in „Neun offene Arme“ hoffen die Mädchen, dass dieses verquere Haus eine geheimnisvolle „tragische Tragödie“ birgt, ahnen aber nicht, dass letztere mit der eigenen Familie eng verknüpft ist. Als sie das grabsteinähnliche Kopfende eines Bettes finden und sich der Knöpfekauer Humpa Hatschi eines Tages in der Hecke vorm Haus versteckt hält, wird die Vergangenheit lebendig und mit ihr die Geschichte von Niimelefiimel va Buuße de Mure und Kal dr Kruuchestop. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte führt letztlich dazu, dass sich Fing mutig gegen die Großmutter und deren familiäre Regeln wehrt. Fing artikuliert eigene Wünsche und fordert zunehmend selbstbewusst von der Großmutter die Wahrheit. Das großmütterlich-bestimmende „Fragt … !“ weicht der Aufforderung „Erzähle … !“. Die Übersetzerin hat die im Holländischen verwendeten Limburger Dialektausdrücke durch Wörter und Wendungen aus dem Aachener Platt ersetzt. Diese im textlichen Zusammenhang laut zu sprechen und ihre Bedeutung allein durch den Klang zu erraten, wäre eine Möglichkeit für den kreativen Umgang mit dieser sprachlichen Besonderheit des Textes. Was ist wohl eine „Stronksboks“, was eine Schloddermatant oder ein Klett?

(Der Rote Elefant 26, 2008)