Die Studentin Kaat wird mitten im sommerlichen Amsterdam Zeugin einer Verhaftung. „Eine Frau fasste Kaat am Arm. ‚Bitte!‘, schrie die Frau. ‚Nehmen Sie mein Baby, bitte!‘ … ‚Ich kann nicht‘“, ist das Einzige, was Kaat hervorbringt …

In der Hollandsche Schouwburg, einem ehemaligen Theater, werden von 1942 bis 1943 jüdische Familien zusammengepfercht – bis zu ihrem Abtransport in Konzentrations- und Vernichtungslager. In der benachbarten jüdischen Kinderkrippe versorgen die Kinderschwestern Rosie, Judith und Betje die Kinder der Familien und müssen gleichzeitig mit der Deportation ihrer eigenen Angehörigen rechnen. Kaat und ihre Kommilitonen Pim und Anne wollen die Verschleppung der Kinder nicht hinnehmen. Beide Gruppen beginnen zusammenzuarbeiten: Die Kinderschwestern schmuggeln die Kinder aus der Krippe und übergeben sie den Studenten. Diese wiederum bringen die Kinder –  mit neuen Namen – bei Pflegeeltern unter. Dafür werden Listen und Pässe gefälscht, vertrauenswürdige Familien gesucht und Kontakte ausgebaut.

Der Roman handelt vom Widerstand junger Menschen. Die niederländische Autorin und Historikerin Astrid Sy hebt dabei im Nachwort die wesentliche Widerstandsarbeit junger Frauen hervor. Zehn Jahre Recherche und Zeitzeugengespräche hat Sy in das Buch investiert. Den fiktiven Charakteren liegen Biografien, Erlebnisse und Erfahrungsberichte realer Personen zugrunde, die teils im Anhang aufgeführt sind. Chronologisch und überschauend erzählt, offenbart der dialog- und spannungsreiche Roman die Motive der Protagonist*innen, ihre Zwiespälte, Ängste und Sorgen in ihrem jeweiligen Alltag. So will Pim nach der Ermordung seines jüdischen Freundes dem Naziterror nicht weiter tatenlos zusehen, Kaat bereut, das Baby nicht gerettet zu haben, Rosie will ihrer Ohnmacht etwas entgegensetzen. So vielen Kindern sie auch helfen, wissen sie doch: Nicht alle können gerettet werden. Astrid Sy verdeutlicht mit diesem Konflikt ein schmerzhaftes Dilemma des Widerstandes.

Für jugendliche Leser*innen bietet das Buch eine wertvolle historische Perspektive: Wie lebten Gleichaltrige in den von Deutschland besetzten Niederlanden von 1940 bis 1945?

Die Identifikation mit den Protagonist*innen gelingt dank Astrid Sys glaubwürdiger Erzählung, die auch Momente der Überforderung aufzeigt. Der Roman stellt die stets aktuelle Frage nach der Bereitschaft zum eigenen Handeln.