„Ich will Schriftstellerin werden!“ Mit diesem Wunsch konfrontiert die 13-jährige Katinka ihre Nachbarin Linda, eine Autorin. Deren Antwort fällt knapp aus: „Viel Schreiben. Üben, üben und nochmals üben. Und ab und zu lässt du mich etwas lesen, dann gebe ich dir Tipps … Falls du Kritik vertragen kannst.“ Katinka kann und erhält von nun an Unterricht im Handwerk des Schreibens. Sie begreift schnell, dass es – ein relevantes Thema vorausgesetzt – vorrangig darum geht, „wie“ man etwas beschreibt. „Was“ Katinka beschreiben will, verrät bereits der Buchtitel, ihr Leben. Aber „wie“ sie das tun wird, davon erzählt das Buch.
Die in den Niederlanden vorrangig als Sachbuchautorin bekannte Annet Huizing lebt – wie die Protagonistinnen – in Utrecht. Linda vermittelt Katinka, dass das Erlernen und Erproben literarischer Schreibtechniken der Grundstein für einen guten Schreibstil ist. Nichtssagende Wörter wie „toll“ oder „super“ seien dabei tabu. Katinkas Lernprozess bestimmt den Buchaufbau. Kapitelweise fließen in die Ich-Perspektive der 13-Jährigen die Techniken der jeweiligen Lektionen ein. Der Rat „Show, don‘t tell“ ist wirkungsästhetisch exemplarisch zu überprüfen. So in der Episode, wo Katinka ihren Vater nicht einfach nur als verliebt benennt, sondern dies anhand von Personenbeschreibungen und Handlungen nachempfindbar macht. Im Fortgang professionalisiert sich Katinkas Schreiben. Nun integriert sie auch Dialoge, Zeitsprünge und Rückblenden.
Annet Huizing bietet weit mehr als ein (weiteres) Handbuch über „Kreatives Schreiben“. Anregungen, Analysen und humorvolle (Beziehungs)Gespräche initiieren eine zunehmend intensivere Selbstreflexion Katinkas. Als die Mutter starb, war Katinka erst drei. Seither lebte sie allein mit Vater und kleinem Bruder. Als der Vater nun eine liebevolle Frau findet und die Familie wieder „abrunden“ will, erlebt sich Katinka als ablehnend-eifersüchtig-verständnislos. Erst im Prozess des Schreibens erkennt sie, dass die Verarbeitung des Todes der Mutter die entscheidende Voraussetzung dafür ist, sich auf Neues einlassen zu können.
Gekonnt verwebt die Autorin Selbst- und ästhetische Erfahrungen und zieht die Leser unwillkürlich in letztere mit hinein. Auch die Leser kommen nicht umhin, sich mit den Textproben kritisch auseinanderzusetzen. Dabei erfahren sie, welche Wirkungen welche Textstrategien ausüben oder könnten sogar versucht sein, stimmigere Formulierungen zu suchen. Wer sich nach der Lektüre selbst zum Schreiben motiviert fühlt, dem hilft das beigelegte Übungsheft mit den gebündelten Ratschlägen von Coach Linda.
(Der Rote Elefant 34, 2016)