London, Herbst 1940: Hitlers Luftwaffe bombardiert fast jede Nacht die englische Hauptstadt. Die 14-jährige Ella und ihr jüngerer Bruder Robbie sichern für die Familie täglich Schlafplätze in einer der U-Bahnstationen. Keine leichte Aufgabe, besonders für Ella, die Monate zuvor mit Polio in einer ‚eisernen Lunge‘ im Krankenhaus verbringen musste und seither humpelt. Die Geschwister treffen auf den 16-jährigen Jay, der sich allein und unter anderem damit durchschlägt, die knappen Plätze auf dem U-Bahnsteig zu vermieten. Ella ist entsetzt, aber auch beeindruckt von Jay. Sie wünscht sich, von ihm beachtet zu werden. Auf dem Weg zwischen U-Bahnstation und Zuhause begegnet Ella auch der selbstbewussten Quinn, die vom Landsitz der reichen Eltern abgehauen ist. Quinn will bei der Versorgung der Verwundeten helfen. Für sie scheint der Krieg ein großes Abenteuer zu sein. Ella, Robbie, Jay und Quinn verbringen die Bombennächte bald gemeinsam im U-Bahnschacht.

„Wir waren zu viert, aber einer von uns wird sterben. Besser, du weißt das. Jetzt schon, bevor ich anfange.“ Diese prologartig mit Zuerst das überschriebenen Sätze geben schon zu Beginn einen Hinweis darauf, dass Lesenden (ab 14) hier etwas zugetraut wird. Das Aufeinandertreffen der vier Jugendlichen aus drei sozialen Schichten erscheint anfangs arg konstruiert. Dieser Eindruck löst sich aber schnell auf. Anna Woltz gelingt es, das Geschehen (in 39 kurzen Kapiteln) spannungsreich und glaubhaft zu entwickeln. Ihre Ich-Erzählerin Ella hat großen Anteil daran, denn deren Innenwelt ist vielschichtig und nachvollziehbar gestaltet. Die präzise beschriebenen Ereignisse, die rückblickend erzählt werden, führen zu einer intensiven Auseinandersetzung Ellas mit der sich rasant verändernden Wirklichkeit. In vielen Dialogen mit Jay bzw. Quinn erfährt die 14-Jährige immer wieder Neues, beispielsweise, dass es englische Faschisten gibt, die auf Hitlers Seite stehen. Quinn wähnt ihren älteren Bruder in einer solchen Gruppierung und will ihn davon abbringen. Ella muss eine Haltung entwickeln:  Quinns Bruder als auch Jay gegenüber. Dabei hinterfragt sie zunehmend die eigene, kindlich geprägte Weltsicht, in der Gut und Böse immer unterscheidbar sind. Weder die körperliche Behinderung, noch ihre Ängste sollen sie daran hindern, selbstbestimmt zu leben. „Jetzt spüre ich sie auch in meinem eigenen Kopf: die Gitter jahrhundertealter Käfige. Schlösser ohne Schlüssel. Mauern. Ich versuche weiter zu denken, aber ich habe nicht die Worte dafür.“

Das gemeinsame Betrachten von Fotos aus der erzählten Zeit oder vom Ort des Geschehens –zum Beispiel von in den U-Bahnstationen Londons hausenden Menschen – könnte ein interaktiver Einstieg mit Jugendlichen sein. Ein Gespräch über ähnliche aktuelle Situationen sollte im weiteren Verlauf  Raum erhalten.