Wie ein Foto unser Leben rettete
Die wahre Geschichte der Familie Mandil
Illustration: Isabel Kreitz
Aus dem Hebräischen von Gundula Schiffer
125 Seiten
ab 10 Jahren
€ 15,00

April 1941. Vom Krieg hört der 5-jährige Gavra Mandil durch heimliches Belauschen abendlicher Gespräche. Mutter und Vater tauschen sich flüsternd über das Vorrücken der deutschen Wehrmacht nach Jugoslawien aus und über bevorstehende „schwere Tage“, weil die „Deutschen keine Juden mögen“. Das versteht Gavra nicht, denn er kennt keine Deutschen und hat somit auch nichts gegen sie. Ein Besuch bei Großmutter in Belgrad endet im Luftschutzkeller. Die Stadt ist fortan von den Deutschen besetzt und die Mandils dürfen nicht in ihre Heimatstadt Novi Sad zurückkehren. Durch den gelben Stoffstern als Juden gekennzeichnet und verunglimpft, erdulden sie Verbote, Zwangsarbeit und Hausarrest. Ob der Vater je in sein Fotostudio zurückkehren kann, das schon von dessen Vater und Großvater betrieben wurde? Als die Eltern sich zur Flucht mit gefälschten Pässen entscheiden, muss sich der Junge als Gavra Mandič ausgeben, den Vater „Mirko“ statt „Mosche“ nennen, denn die Familie gibt vor, christlich zu sein. Ein deutscher Grenzoffizier durchschaut die Tarnung. Er gestattet die Weiterfahrt erst, als ihm der Vater als „Beweis“ ein für Werbezwecke angefertigtes Foto zeigt, auf dem Gavra und seine jüngere Schwester, vor dem Weihnachtsbaum stehen. 

Am Ende entgehen die Mandils der Vernichtung nur, weil sie im albanischen Dorf Kruja von der muslimischen Familie Veseli auf deren Bauernhof versteckt werden. Die Veselis fühlen sich dem jahrhundertealten albanischen Ehrenkodex „Besa“ verpflichtet, nach dem jeder Mensch, der an die Tür klopft, eingelassen und beschützt wird, egal welcher Nationalität oder Religion er angehört. 

Maya C. Klingers Kinderbuch beruht auf realen Geschehnissen, die sie in Gesprächen mit Gavras Schwester und weiteren Familienmitgliedern in Erfahrung brachte. Für Gavras Ich-Perspektive mischt die Autorin erinnertes kindliches Fühlen, Ahnen und Erleben mit reflektiertem Berichten des Erwachsenen. Abdrucke originaler Familienfotos (darunter auch das Bild mit Weihnachtsbaum) wechseln sich mit kleinen Schwarz-Weiß-Illustrationen von Isabel Kreitz ab. Einfühlsam setzt sie Situationen ins Bild, von denen es keine Fotos gibt.

Das Buch kann den Blick für Zusammenhänge zwischen historischem Geschehen und menschlichem Verhalten öffnen. Für die Entwicklung von Empathie und Verständnis gegenüber in Bedrängnis Geratenen ist es unbedingt zu empfehlen.

Untertitel und Nachwort entsprechend, könnte eine Recherche in der Datenbank von Yad Vashem, der internationalen Holocaust-Gedenkstätte, zur Liste der Gerechten unter den Völkern führen. Mit diesem Titel werden nichtjüdische Menschen geehrt, die Menschen jüdischen Glaubens vor der Vernichtung gerettet haben. Zu den Geehrten gehören Fatima, Refik und Vesel Veseli. Dafür hat sich Gavra Mandil eingesetzt. 

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