Und jetzt sei fröhlich, Knochenmann!
Text: Ca Rose
Illustration: Ca Rose
48 Seiten
ab 8 Jahren
€ 24,00

„Es wird Zeit für mich, zu gehen“, sagt die Urgroßmutter. Ihr Körper sei „knarrig“ geworden. „Doch der Tod kommt nicht.“ Ob ihre Urenkelin nachsehen könne, warum er so lang auf sich warten lasse? Traurig und orientierungslos macht sich das Mädchen auf die Suche. Unterweges kommt es mit den unterschiedlichsten Tieren ins Gespräch, mit Schmetterling, Eule, Tiger oder Nashorn. Sie alle haben eigene Gründe, über ihr Lebensende nachzudenken, und schließen sich dem Mädchen an. Zu Fuß, per Tuk-Tuk, Boot und Lieferwagen reist der wachsende Tross durchs Land und übers Meer und gelangt schließlich zu einem festlich-farbenreichen Ort. „Sie entdeckten eine lange Leiter, die ins Nirgendwo zu führen schien. Weit weg von dieser Welt.“ Ein Tier nach dem anderen klettert die schwankende Leiter hinauf – und sie finden den Tod tatsächlich. Doch der ist vollkommen erschöpft und braucht dringend Hilfe, um seinem Dasein wieder einen Sinn zu geben.

Das im Kunstanstifter Verlag erschienene Debüt beeindruckt durch atmosphärisch ausdrucksstarke Szenerien. Sie greifen mexikanische, US-amerikanische und asiatische Bildwelten auf, von der Tankstelle mit Michelin-Männchen bis zum Día de Muertos-Arrangement in Urgroßmutters Wohnung mit Kerzen und Papierskeletten. Ca Rose hat mit Bleistiften verschiedener Härtegrade gezeichnet und die Zeichnungen mit unterschiedlich deckenden Schraffuren koloriert, teils in grau-grünlichen Tönen, teils mit leuchtend bunten Farben. Anschließend hat sie die Bilder digital collagiert.

Der märchenartige Text ist unterhalb der Bilder Schwarz auf Weiß gesetzt. Differenziert drückt er Gedanken und Gefühle des Mädchens und der Tiere in Bezug auf Tod und Endlichkeit aus. Die abwechselnd panoramahaften doppelseitigen und herangezoomten einseitigen Bilder zeigen eine durch den Menschen geprägte Welt, in der die Protagonistin ausschließlich auf Tiere trifft. Diese scheinen die Folgen menschlichen Handelns tragen zu müssen, wie der alte Zirkustiger oder der Hammerhai, der in einem Hafenbecken voller Müll (über)lebt.

In ihr Buch hat Ca Rose eine Vielzahl (pop-)kultureller Bezüge eingewoben. So steht US-Comicfigur Betty Boop, die Anfang der 1930er Jahre (ähnlich wie die Urgroßmutter?) ‚geboren‘ wurde und als erste selbstbestimmte Frau im Cartoon gilt, neben einem Werbeplakat mit 50er-Jahre-Hausfrau. Die Symbolik der mexikanischen Todes- und Lebensfeier ist gleich mehrfach ins Bild gesetzt. Am Bett der alten Frau steht eine Cavalera Cristina-Puppe, eine Karikatur der aztekischen Todesgöttin Mictecacihuatl, entstanden als Kritik am bürgerlich-postkolonialen Mexiko, das seine indigenen Wurzeln leugnet. Der Ort, an dem das Mädchen und die Tiere den Tod finden, ist geschmückt wie am Tag der Toten.

Begleitet wird die Protagonistin von einem geheimnisvollen Rehkitz, das auf fast jedem Bild in der Ferne zu sehen ist. Was hat es mit diesem Kitz auf sich?