Wer kennt das nicht? Der Tag ist hektisch und laut, und die Sehnsucht nach Stille wächst. Genauso ergeht es Herrn Eichhorn in seinem Wald. Er ist des Flitzens und Herumtobens überdrüssig, ihm ist, „als würde der ganze Wald in ihm schwirren und surren“. Zum Glück weiß der ruhebedürftige Herr Eichhorn vom weisen Bock, dass es einen Ort gibt, an dem alle Wünsche wahr werden: die Ferne. „Nichts wäre in der Ferne. Nur Herr Eichhorn und die Stille.“ Doch wären in der großen Einsamkeit der Ferne nicht doch ein paar Steine schön oder ein Freund, mit dem man die Steine betrachten könnte? Der Igel zum Beispiel? Herrn Eichhorn fällt noch manches ein, was sein Leben in der Ferne bereichern würde: ein starker Bär, ein erzählfreudiger Bock, zuhörende Tiere, Bäume, Bienen und Musik. Herr Eichhorn schließt die Augen und wünscht sich ganz fest an diesen wunderbaren Ort, denn nur so können Wünsche wahr werden …
Sebastian Meschenmoser variiert ein beliebtes Motiv der (Kinder-)Literatur: den Wunsch nach einem anderen, glücklicheren Leben und die Erkenntnis, dass alles, was man zum Glück braucht, schon vorhanden ist. Wer denkt da nicht an Janoschs „Oh wie schön ist Panama“, wo zwei losziehen, um am Ende wieder zu Hause anzukommen! Der erschöpfte, gestresste Herr Eichhorn begibt sich aber nur in Gedanken an den verheißungsvollen Ort. Wie in einer Meditation lässt er (s)eine neue Welt vor seinem inneren Auge entstehen: Zunächst die Leere und völlige Stille, dann die Steine, den Igel und peu à peu alles, was sein reales Leben bereits ausmacht. In dieses stürzt er sich am Schluss, glücklich und zufrieden, hinein.
Sebastian Meschenmosers siebte Geschichte um Herrn Eichhorn lädt kleine und große Leser und Betrachter dazu ein, über Bedürfnisse nachzudenken. Was braucht jeder zum Zufriedensein, zum Glück? Wann wird etwas zu viel, wann eine Pause nötig? Mittels seiner Vorstellungskraft gerade noch allein, wünscht sich Herr Eichhorn recht schnell den Igel in sein imaginiertes Leben.
Denn: Mit dem richtigen Freund können sogar Felsen lustig werden. Sebastian Meschenmoser wird vielen Kindern und Erwachsenen große Freude mit den sechs Doppelseiten bereiten, auf denen sich Felsen und Steine zu freundlichen und grimmigen Gesichtern und Gestalten, zu Dinosauriern und finsteren Figuren formieren und dabei auch die Verbundenheit der Freunde zeigen – in Ausgelassenheit wie in Furcht. Seine Werkzeuge sind, wie schon in den anderen Herr Eichhorn-Bänden Blei- und Buntstifte, mit denen Meschenmoser das Geschehen nahezu naturgetreu und emotional-ausdrucksstark zeichnet.
Die Illustrationen der ersten drei Doppelseiten (inklusive Vorsatz, ohne Schrift), die unter anderem zeigen, wie Bär unter Regie von Igel einen Baum hochklettert, um Honig zu holen, könnten betrachtet und von Kindern beschrieben werden: Wer ist zu sehen? Was passiert? Warum sitzt Herr Eichhorn abseits?
