Wo kommen die Worte her?
Neue Gedichte für Kinder und Erwachsene
Herausgegeben von Hans-Joachim Gelberg
262 Seiten
ab 6 Jahren
€ 19,95
Schlagwörter: Gedichte, Kinderlyrik, Lyrik

„Schläft ein Wort in allen Dingen. Weck es auf, sonst träumt es fort. So beginnt die Welt zu klingen: Gib ein jedem Ding sein Wort.“ (Hugo Ramek)

Hugo Ramek antwortete auf Gelbergs Titelanfrage mit einer Adaption von Eichendorfs „Wünschelrute“. Mit ihm äußerten sich zahlreiche Dichter und Illustratoren: 162 Autoren und 42 Künstler (darunter Nikolaus Heidelbach, Egbert Herfurth, Mario Grasso, Sabine Friedrichson) antworteten aktuell bzw. Gelberg fand bereits vor langer Zeit gegebene Antworten. Entstanden ist ein aufwendig gestalteter Sammelband der Poesie, eine beeindruckende Vielfalt lyrischer Sprach- und Bildästhetik. In fünf Kapiteln – gleichermaßen für Kinder wie für Erwachsene geeignet – finden sich „Gedichte und Bilder aller Art“, teilweise ob ihrer Offenheit auch anderen Kapiteln zuzuordnen. Dazu kommt ein ausführlicher Registerteil, u. a. mit der Übersicht aller beteiligten Autoren und Künstler.

Neben neueren und neuen Gedichten etwa von Wittkamp, Nöstlinger, Rautenberg und Lunghard steht Altbekanntes von Ringelnatz, Brecht, Jandl, Krüss, Fühmann. Es finden sich Spruchweisheiten, ABC- und Palindromgedichte, Haiku, Schüttelreime, Lautmalereien, Rätsel, visuelle Poesie, sogar ein Werbetext …

Erstmals sind zwölf Gedichte aus dem Nachlass Josef Guggenmos’ abgedruckt. Auch bemerkenswerte Gedichte von Kindern (wie „fünfte stunde“, frei nach Jandls „fünfter sein“) enthält dieser Band. Das ist neu! Ebenso neu ist die aufwendige typographische Gestaltung, ein besonderes Zusammenspiel von Text und Bild. Bilder und Texte stehen meist assoziativ und doch einander ergänzend nebeneinander. Von Vignetten, Collagen, Fotografien bis hin zu mehrseitigen, comicartigen Bildfolgen reicht der Bogen der Illustration. Schrift selbst ist mehrfach notwendiger Bestandteil des Textes, nicht nur bei Buddes Eingangstext „Zehn Worte standen Schlange“. Gelbergs Aussage, keines der Gedichte aus früheren Anthologien aufgenommen zu haben, stimmt nicht. So finden sich z. B. Walther Petris „Alle Wörter“ oder Morgensterns „Papagei“ bereits in „Großer Ozean“ (2000) wieder, eine Sammlung, die in ihrer ausgezeichneten Qualität nach wie vor besteht. In Fülle und Vielfalt ist aber auch vorliegender Sammelband wieder eine Fundgrube für Sprach- und Bilderfreunde, Fragende und Diskutierfreudige – ganz gleich, ob in Familie, Schule oder Bibliothek.

(Der Rote Elefant 30, 2012)