Cover: Karoline Löffler; Das Märchen von dem Baron von Hüpfenstich
Das Märchen von dem Baron von Hüpfenstich
Illustration: Karoline Löffler
Adaptiert aus dem Italienischen von Clemens Brentano
66 Seiten
ab 9 Jahren
€ 20,00

Da ist der wortgetreue König Haltewort, der einem Floh eine treffliche Hofkarriere als Edelknabe, Husarenobrist und Baron (von Hüpfenstich) ermöglicht. Und da ist Prinzessin Willwischen, die unbedingt wissen will, wer in der Haut dieses Tausendsassas steckt. Weil König Haltewort eine Heirat der beiden ablehnt, fliehen sie, geraten infolge einer Hofintrige in eine Falle und Hüpfenstich wird die Haut abgezogen. Ohne Wissen Willwischens. Nun will Willwischen nur den heiraten, der ihr sagt, wessen Haut am Galgen hängt. Das ist Menschenfresser Wellewatz. Verschleppt auf Schloss Knochenruh am Klapperbach naht Rettung in Gestalt von Frau Woche. Einst stillte diese das aufgrund seiner Neugier eine Woche zu früh geborene Willwischen, deren Mutter bei der Frühgeburt verstarb. Während der Flucht vor Wellewatz überlisten Frau Woches Söhne, die Wochentage, den Verfolger und liefern ihn der Justiz aus. Hüpfenstichs Seele lebte indessen in einem Kuchenhusaren weiter. Durch Verspeisen des Backwerks erlöst Willwischen ihren Floh, der ein verzauberter Prinz ist. Willwischen heiratet den Prinzen und König Haltewort Frau Woche. Die sieben Söhne kriegen jeder ein Regiment.

Zwischen 1805 und 1811 übertrug Clemens Brentano 11 Texte aus dem „Pentamerone“, darunter „Der Floh”. Der romantische Dichter nahm absichtsvoll Veränderungen vor: sein „italienisches Märchen“ mutierte zur Gesellschaftssatire. Tierbräutigams-, Verfolgungs- und Erlösungsmotiv dienten nur als Versatzstücke, um ironisch-grotesk einen Mini-Fürstenhof samt Hofschranzen und Militärpersonal vorzuführen. Das verstehen auch heutige Kinder. Trotz sprachlich Fremden (Was z. B. ist ein „Aderlassschnepper“?) ist die absurd-komische Geschichte sehr vergnüglich zu lesen bzw. vorzulesen. Kinder werden die lautmalerisch-doppeldeutigen Namen (Schneider Höllenflickel, Schuster Schlappenpich, Rittmeister Zwickelwichs) und auch die spöttisch adaptierten Lieder (vgl. „Des Knaben Wunderhorn“) mögen. Das Tanzlied „Laurentia, liebe Laurentia mein …“ übertrug Brentano auf Willwischen und die (damalige preußische Hymne „Heil dir im Siegerkranz“ auf Wellewatz. Ironische Überzeichnung und kindlich naiver Strich kennzeichnen Löfflers pastellfarbene, schwarzweiß umran-dete Monotypien. Außer Willwischens Stupsnase biegen sich allerorten große Nasen und krumme Rücken devot erdwärts. Ornamentpapiere (Blumen, Gegenstände, Tapeten) visualisieren musterhaft das künstliche Milieu. Bestimmte Farben finden sich in Versalien und Signalworten wieder, was dem Textverständnis zuarbeitet.

Zum assoziativen Einstieg böten sich drei ganzseitige Illustrationen an: „Willwischen am Fenster“, „Willwischens und Hüpfenstichs Flucht“, „Hüpfenstich am Galgen“. Was könnte hier passiert sein? Nach Kenntnis des Textes könnte ein Motivvergleich mit Grimmmärchen („Der Froschkönig“, „König Drosselbart“, „Sechse kommen durch die ganze Welt“, „Die Wassernixe“ u. a.) nebst genauerer Betrachtung der Stilmittel die Bandbreite von Märchentexten erhellen.

(Der Rote Elefant 32, 2014)