Cover: Leen van den Berg; Vom Elefanten, der wissen wollte, was Liebe ist
Vom Elefanten, der wissen wollte, was Liebe ist
Illustration: Kaatje Vermeire
Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf
25 Seiten
ab 8 Jahren
€ 14,95
Schlagwörter: Antwort, Frage, Liebe, Philosophie

Ja, so ist das mit den wirklich schwierigen Fragen. Erst hat der Elefant Mühe, seine Frage zu formulieren, dann kommen jede Menge Antworten zusammen und am Ende ist wieder alles offen. Die versammelte Tiergemeinde samt Pflanzen, Dingen, Märchenfiguren und Menschen gibt sich alle Mühe, anschauliche Beispiele für das Phänomen „Liebe“ zu finden, aber naturgemäß sind die Antworten so verschieden, wie die Beispielgeber selbst. Laut Schneeflocken kann Liebe zur völligen Selbstaufgabe führen. Das „füreinander Schmelzen“ endet vor aller Augen als Wasserpfütze. Versammlungsleiterin Ameise hat sich, um wichtig zu erscheinen, extra eine Brille angeschafft. Eigentlich hat sie gar keine Zeit für komplexe Diskussionen, müsste sie doch – wie ihre Artgenossen – Dinge durch die Gegend schleppen. Als endlich alle, für die Ameise „unsinnigen“ Antworten im „Buch der schwierigen Fragen“ festgehalten sind, bringt sie das Buch zu Herrn Schildkröte, der ausnahmsweise diesmal nicht „Versammlungschef“ sein konnte. Dann rennt sie emsig weiter und versteht nicht, „warum sie sich plötzlich so allein fühlte.“ Gedankenloser Aktionismus macht liebesunfähig, so könnte eine Botschaft dieses Bilderbuches lauten. Weist der Text die Ameise als ungeeignete Moderatorin aus („Na los, bisschen Tempo … Ich hab heute noch mehr zu tun“), so zeigt das Bild eine lächerliche Figur, bebrillt telefonierend auf einer Schreibmaschine thronend. Die belgische Künstlerin Kaatje Vermeire kreiert großformatige, surreale Bildseiten, gestaltet in den verschiedensten grafischen Techniken und mit vieldeutigen Anspielungen, die über den Text hinausweisen. Die Bilder erzählen eigene (Liebes)Geschichten von turtelnden Flamingos, zärtlichen Eichhörnchen oder fliegenden Artisten, deren Hände beim Salto mortale einander suchen. Es scheint etwas Sanftes und Fröhliches um die Liebe zu sein, wenn die zarten Farben in zahlreichen Grün-, Blau- und Rotschattierungen Recht haben. Auch der Sturm, der eingangs die Bäume biegt, hat sich am Ende gelegt, so dass die Ameisen die vielen durch die Luft gleitenden Herzen aufsammeln und im Einkaufswagen abtransportieren können. Von deren unbefragter Geschäftigkeit (vorletzte Doppelseite) hebt sich die Artgenossin (letzte Doppelseite) deutlich ab. Gegenläufig zum Text gibt ihr die Illustratorin offenbar eine Chance: Ohne Brille sitzt die ungeeignete Moderatorin im Lichtkegel eines Leuchtturms am Meer. Denkt sie nun doch noch nach?

Wenn Kinder mit den Antworten von Meer, Wolken, Stein, Großmutter und Apfelbaum immer noch nicht zufrieden sind, könnten sie sich weitere ausdenken: von Lieblingskatze, Schaukelstuhl und Regentropfen. Dabei würden sie einer eigenen Antwort der im vorliegenden, diskursiv angelegten Bilderbuch gestellten „schwierigen“ Frage, immer näher kommen.

(Der Rote Elefant 32, 2014)