Cover: Grégoire Solotareff, Der rote Kater
Der rote Kater
Illustration: Grégoire Solotareff
Aus dem Französischen von Werner Leonhard
40 Seiten
ab 4 Jahren
€ 14,95

Der rote Kater Valentin lebt zurückgezogen und allein im Wald am Dorfrand, weil andere Katzen ihn aufgrund seiner Färbung als „Feuerwehr“ oder „Gefahr“ verspotten. Da begegnet er Schneewittchen, der schönen weißen Katze. Beide spielen miteinander bis sie sich in den Tiefen des Waldes verlaufen und einem Wolf begegnen, später gar einer Hexe. Den Wolf lenkt Valentin geschickt davon ab, Schneewittchen zu fressen. Zwar gewährt die Hexe den fliehenden Katzen Zuflucht und verjagt den Wolf, verlangt aber dafür eine Gegenleistung: Ratten, Rotkehlchen und Kaninchen, die in Pastete mit Milch so gut munden. Als die Hexe dem Katzenpaar den Weg ins Dorf weist, damit sie die fehlende Milch holen, ist der Katzen Glück gemacht. Der Weg zurück ist gefunden, die Milch schmeckt lecker und einen Dachboden zum gemütlichen Zusammenleben bietet das Dorf auch. „Auf Nimmerwiedersehen, Herr Wolf! Zum Teufel mit Ihnen, Frau Hexe! So sind die Katzen eben. Sie tun und lassen, was sie wollen.“

Der französische Illustrator (DJLP 1997 für „Du groß, und ich klein“) erzählt diese Geschichte in für ihn typischen farbintensiven Bildern, deren malerischer Ausdruck durch kräftige schwarze Konturen betont wird. Solotareff nutzt die Symbolkraft der Farben Rot, Weiß, Schwarz und Gelb, um Gefühlen von Einsamkeit, Angst und Liebe nachdrücklichen Ausdruck zu verleihen. Die anziehende Wirkung seiner Bilder entsteht auch wegen des bewussten Verzichts auf Details zugunsten schattierter Farbflächen. Die Protagonisten verstrickt er wie selbstverständlich in Abenteuer mit vertrauten Märchenhelden, spielt mit Handlungsmustern und Motiven und löst am Ende alles Geschehen auf, indem er katzenpsychologisch folgerichtig der Eigenwilligkeit ein Loblied singt. Dies alles provoziert den Leser auf unterhaltsame Weise und könnte genutzt werden, um ähnlich phantasievoll wie der Künstler eigene Geschichtenwege zu erfinden. Ausgangspunkt könnte die furchterregende Doppelseite mit dem herangezoomten Hexengesicht sein. Was, wenn die Hexe den beiden ins Dorf nachschleicht? Was, wenn Valentin und Schneewittchen künftig diesem grausig blickenden Märchenwesen dienen müssen? Was, wenn der Wolf auf Rache sinnt … Und sieht der rote Kater auf dem Schlussbild nicht auch ein wenig teuflisch aus?

(Der Rote Elefant 34, 2016)